Fidon Mwombeki ist seit Juli Generalsekretär der Allafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) und leidenschaftlicher Verfechter eines positiven Afrikabildes. Sein Ziel: Sowohl skeptische Partner in Europa als auch junge Afrikaner, die auswandern wollen, davon überzeugen, dass es in Afrika viele Hoffnungszeichen gibt.
In Ihrer Antrittsrede vor dem AACC haben Sie Afrika als einen Kontinent der Hoffnung bezeichnet. Wie meinen Sie das?
Meine Botschaft an die afrikanischen Kirchen ist, dass wir unser Augenmerk auf das richten, was in Afrika tatsächlich geschieht und es nicht Außenstehenden überlassen, ein Bild von Afrika zu zeichnen. Die meisten Afrikaner träumen nämlich nicht davon, ihre Heimat zu verlassen. Sie sind dort geboren und möchten dort gerne leben und sterben.
Wo genau sehen Sie Hoffnung?
In der Politik zum Beispiel ist die Ära der Militärputsche vorbei. Es gibt enorme Errungenschaften in Sachen Demokratie. Selbst in Krisenzeiten sind Rechtsstaatlichkeit und demokratische Spielregeln die Norm, an der alles gemessen wird. Südafrika, Simbabwe, Äthiopien, Kenia, Nigeria, Ghana und andere Länder konnten ihre internen politischen Krisen ohne Einmischung von außen lösen. Auch toleriert die Bevölkerung Korruption nicht mehr und fordert von den Regierenden Rechenschaft. Einige Regierungen fordern jetzt von europäischen Ländern das Geld zurück, das despotische Präsidenten und ihre Familien auf Konten in Europa versteckt haben. Europa darf dabei das Bankgeheimnis nicht länger als Entschuldigung vorschieben.
Aber wirtschaftlich gilt Afrika gemeinhin als verlorener Kontinent.
Dabei wachsen viele Volkswirtschaften schneller als auf anderen Kontinenten. Unternehmen von afrikanischen Eigentümern florieren. Die Infrastrukturentwicklung macht große Fortschritte, wobei China der Hauptinvestor ist. Die Agenda 2063, mit der die Afrikanische Union 2013 für die nächsten 50 Jahre eine Vision und einen Aktionsplan für den Kontinent vorgelegt hat, gibt einen Rahmen für ein friedliches, vereintes und prosperierendes Afrika. Die AACC setzt sich an vorderster Front für diese Agenda ein. Bildung ist in vielen Ländern in großem Umfang verfügbar. Dass Kinder und Jugendliche in die Sekundarstufe gehen, ist in vielen Ländern Standard. Überall werden Universitäten gebaut. Regierungen verhandeln Verträge mit ausländischen Unternehmen in der Rohstoffindustrie, damit die Afrikaner nach Jahrzehnten der Ausbeutung endlich selbst von dem natürlichen Reichtum profitieren. Kurzum, ein vereintes, blühendes und friedliches Afrika zeichnet sich ab.
Wie sieht es im Gesundheitsbereich aus?
Auch hier passiert viel. Die Kindersterblichkeit etwa ist stark zurückgegangen. Viele Pastoren aus unterschiedlichen Gegenden erzählen mir, dass sie nur noch sehr selten Kinder beerdigen müssen.
Woher kommt es dann, dass selbst unter Afrikanern der Kontinent so ein schlechtes Image hat?
Es stimmt, viele haben ein schlechtes Bild von Afrika. Oft sind es diejenigen, die sich mit dem Rest der Welt vergleichen. Es ist menschlich, sich mehr Entwicklung zu wünschen. Und natürlich sind Europa und Asien weiter entwickelt. Viele Afrikaner sehen, dass diejenigen, die im Ausland leben und arbeiten, mehr verdienen und ein anderes Leben führen können. Gleichzeitig wird in den Medien Afrika als ein Problemkontinent mit wilden Tieren präsentiert, der vor allem für Touristen interessant ist. Es ist sehr ärgerlich, dass die Erfolge Afrikas nicht gezeigt werden.
Mit welchem Afrikabild konfrontieren europäische Partner Sie?
Ich erinnere mich daran, wie einmal eine Partnerschaftsgruppe in Deutschland ganz konsterniert war, als eine tansanische Delegation sie besuchen, die Flugtickets aber selbst zahlen wollte. Und neulich habe ich bei einer Versammlung der AACC in Ruanda von einigen europäischen Gästen von Missionsgesellschaften und Entwicklungswerken gehört, dass das nicht Afrika sein könne. Es sei einfach zu schön, um Afrika zu sein. So etwas nervt schrecklich. Oder nehmen Sie das Beispiel von Ruanda, das die Fußballmannschaft von Arsenal London zur touristischen Vermarktung des eigenen Landes sponsern wollte. Was gab es da auf britischer Seite nicht alles an abfälligen Bemerkungen bis hin zu der Forderung, man solle aufhören, Ruanda zu unterstützen, weil es nicht wisse, wie man Prioritäten setze! Die gleiche Kritik war auch auf afrikanischer Seite zu hören.
Was tut die AACC gegen dieses negative Image?
Wir planen eine große Kampagne für die afrikanische Jugend. Mit Slogans wie „Afrika: Mein Kontinent. Meine Zukunft“ wollen wir darauf hinwirken, dass die jungen Leute ihren Kontinent lieben lernen und verstehen, dass sie zu Hause bessere Chancen haben als im Ausland. Demütigung und ein unwürdiges Leben erwarten sie dort. Ich habe selbst in Europa gelebt und weiß, was diese armen Afrikaner durchmachen. Viele würden gerne nach Hause gehen, tun es aber nicht aus Scham. Das große Problem ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung, über die ich oben gesprochen habe, die meisten Menschen in Afrika bisher nicht erreicht hat. Es gibt einfach zu viele Menschen ohne Arbeit, die kein gutes Leben führen können. Das wird noch viel Zeit brauchen.
Wo sehen Sie die großen Herausforderungen in der ökumenischen Zusammenarbeit in Afrika?
Innerhalb von Afrika ist die ökumenische Zusammenarbeit schwierig. Viele Kirchen konzentrieren sich zunehmend nur auf ihre eigene Konfessionsfamilie. Und zwischen Afrika und seinen traditionellen Partnern im Westen macht sich der Bilateralismus breit. Besonders problematisch wird es, wenn kirchliche Hilfswerke aus dem Norden eigene Büros in Afrika aufbauen und sich dort registrieren lassen. Damit stellen sie ihre Zusammenarbeit mit afrikanischen Kirchen stark in Frage.
Die Fragen stellte Katja Dorothea Buck.
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