Die Europäische Union hat sich mit ihrem Ansatz einer „partizipativen Zusammenarbeit" mit zivilgesellschaftlichen Organisationen eine gute Grundlage für eine wirksame Entwicklungspolitik geschaffen. Allerdings mangelt es an der Umsetzung, befindet eine umfangreiche Evaluierung des Konzepts. Die EU-Entwicklungspolitik sei immer noch zu zentralistisch organisiert. Für eine echte Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen sei ein Wandel der „institutionellen Kultur" innerhalb der EU-Kommission nötig.
Das Prinzip der „partizipativen Entwicklung" wurde erstmals im Cotonou-Vertrag zwischen der EU und den mit ihr assoziierten Ländern Afrikas, der Karbik und des Pazifiks (AKP) aus dem Jahr 2000 formell verankert; es gilt seither aber generell für die EU-Entwicklungszusammenarbeit. Nichtstaatliche Organisationen (NGOs) sollen demnach nicht nur als Empfänger oder ausführende Partner dienen, sondern bereits in die Auswahl und Planung von Vorhaben einbezogen werden. Die im Februar vorgelegte Evaluierung behandelt die Jahre 2000 bis 2006, in denen gut 16 Prozent der Hilfen aus dem EU-Haushalt und dem EU-Entwicklungsfonds über NGOs kanalisiert wurden. Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass noch eine große Kluft zwischen der erklärten politischen Zielsetzung und ihrer Verwirklichung besteht: Die Möglichkeiten des „neuen und innovativen Ansatzes" würden zu wenig ausgeschöpft, weshalb er bisher „weitgehend unwirksam" geblieben sei.
Vorherrschend sei nach wie vor der Top-down-Ansatz in der Entwicklungspolitik der Europäischen Union. Es mangele an klaren Leitlinien für die Delegationen in den Partnerländern, von denen die Gutachter 33 befragt haben. Dort hätten sich deshalb erhebliche Unterschiede in der Verwirklichung des Ansatzes entwickelt. Insgesamt jedoch seien die Verfahren weiterhin stark in Brüssel zentralisiert; die beabsichtigte Beteiligung von NGOs sowohl aus Europa als auch aus den Partnerländern „in den Gesamtzyklus der Zusammenarbeit von der Auswahlphase über die Beschlussfassung bis zur Wahl der Modalitäten" bleibe weitgehend aus.
Nach Ansicht der Gutachter beteiligt die EU-Kommission vor allem Süd-NGOs zu wenig. Das werde beispielsweise an der Aufteilung der EU-Mittel im Verhältnis von 76 zu 24 Prozent zugunsten der NGOs aus dem Norden deutlich. Dieses Ungleichgewicht sei einerseits bürokratischen Vorgaben für den Haushalt sowie der materiellen und personellen Ausstattung der Delegationen, andererseits aber eben auch der „vorherrschenden institutionellen Kultur" geschuldet, die einer strategischen Kooperation vor allem mit Süd-NGOs entgegenwirke.
Laut der Evaluierung hat die Kommission im untersuchten Zeitraum ihre Schwerpunkte der Zusammenarbeit mit NGOs deutlich in Richtung Konflikvorbeugung und -bewältigung verschoben. In diesem Bereich sei die angepeilte stärkere Beteiligung von nichtstaatlichen Akteuren tatsächlich deutlich gestärkt worden.
Brüsseler NGO-Vertreter begrüßten die Evaluierung grundsätzlich und lobten vor allem, dass die Evaluierung auch das Problem der statistischen Erfassung der über NGOs abgewickelten EU-Entwicklungszusammenarbeit anspricht. Die Paris-Erklärung über eine wirksamere Entwicklungshilfe, deren Vorgaben für die Messung von Wirksamkeit die EU zunehmend übernimmt, sieht eine solche Abwicklung nämlich nicht vor. Laut dem europäischen NGO-Dachverband Concord muss es darum gehen, „die Rechenschaftlichkeit vor allem gegenüber den Menschen zu fördern, mit denen zusammengearbeitet wird, und nicht nur gegenüber den Gebern".
Heimo Claasen
http://ec.europa.eu/europeaid/how/evaluation/evaluation_ reports/2008/1259_docs_en.htm