Kein Geld für Klimahilfe

Die Weltwirtschaftskrise schlägt sich auf die finanziellen Aussichten zur Bekämpfung des Klimawandels nieder: Der Preis, für den im Rahmen des europäischen Emissionshandels Verschmutzungsrechte gehandelt werden, ist so rapide gefallen, dass sich aus dem Handel kaum noch Einnahmen für klimatechnische Hilfen für Entwicklungsländer erzielen lassen. Eine Ausdehnung des Emissionshandels auf andere Länder und Regionen würde nach Ansicht von Experten daran nicht viel ändern.

In den Verhandlungen zur Vorbereitung der UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen besteht Konsens darüber, dass die Entwicklungsländer erhebliche Hilfen benötigen, um den Klimawandel zu bekämpfen und sich an seine Folgen anzupassen. Die Finanzierung ist aber völlig unklar. Die Vorstellungen der EU-Kommission dazu sind umstritten unter den EU-Regierungen. Klar ist aber, dass ein Teil des Geldes aus der Versteigerung von CO2-Emissionsrechten kommen muss, die in der EU nach 2012 nicht mehr gratis zugeteilt werden sollen. Eine weitere Überlegung, die immerhin von mehreren EU-Regierungen als „interessant" aufgenommen wurde (allerdings nicht von der deutschen), ist die Einführung einer Art Steuer auf die Umsätze aus dem Handel mit Emissionsrechten.

Die EU will sich in Kopenhagen für eine am europäischen Emissionshandelssystem (ETS) orientierte Weltbörse stark machen, also für eine globale Ausdehnung des Emissionshandels. Derzeit entfallen noch über 99 Prozent des weltweiten Umsatzes aus dem Emissionshandel auf das ETS. Diese Umsätze haben sich seit 2005 auf 92 Millionen Euro verzwölffacht.

Allerdings haben sich die Bedingungen des Handels seit seinem Start vor vier Jahren grundlegend geändert. Zu Beginn hatte die EU-Kommission derart reichlich Zertifikate an die Unternehmen verteilt, so dass diese kaum etwas dazukaufen mussten und die Handelsumsätze entsprechend klein blieben. Eine Verknappung der Quoten im ersten Halbjahr 2008 hingegen sorgte für einen schnellen Umsatzanstieg. Ab Mitte letzten Jahres beschleunigte sich der Umsatz zusätzlich, weil infolge der einsetzenden Wirtschaftskrise der Energieverbrauch und damit auch der Preis für Emissionszertifikate stark zurückging - von rund 32 Euro pro Tonne CO2 im Juli 2008 auf unter 9 Euro Anfang dieses Jahres. Die Unternehmen nutzen diesen Preisverfall zur Spekulation: Sie verkaufen derzeit in großem Stil überschüssige CO2-Rechte, die ihnen gratis zugeteilt wurden, um sie später bei Bedarf noch billiger zurückzukaufen.

Die für Kopenhagen angepeilte „Weltbörse" würde jedoch die Voraussetzungen entscheidend ändern, aus dem Emissionshandel tatsächlich nennenswerte Beträge für die Klima-Entwicklungshilfe abzuzweigen, schätzen Bank- und Umwelt-Experten. Zwar würden die Emissionsrechte versteigert, aber bei der Festsetzung der Startpreise sei wie bei den Verhandlungen über die Zuteilung von Emissionsrechten an bestimmte Wirtschaftszweige mit einem Wettlauf nach unten zu rechnen, weil jeder teilnehmende Staat seiner Wirtschaft die größtmöglichen Vorteile sichern wolle. Im Ergebnis dürften die Erlöse aus dem weltweiten Emissionshandel nur ein Bruchteil der Einnahmen bringen, die der europäische Handel bislang gebracht hat. Die EU-Kommission selbst schätzt die zu erwartenden Erlöse aus einem weltweiten Handel mit Emissionsrechten eher gering ein: auf lediglich eine Milliarde Euro jährlich.

Heimo Claasen

 

 

 

erschienen in Ausgabe 4 / 2009: Alte Menschen: Zu wenig geachtet

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