Politiker und Friedensfachleute haben davor gewarnt, den Einfluss des zivilen Friedensdienstes bei der Beendigung von gewaltsamen Auseinandersetzungen zu überschätzen. Seine Aufgabe sei es vor allem, langfristig Strategien der gewaltlosen Konfliktlösung zu entwickeln, erklärten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion Anfang März in Berlin anlässlich des 10-jährigen Bestehens des zivilen Friedensdienstes und des 50-jährigen Jubiläums des Weltfriedensdienstes.
Vor allem bei der Prävention von Konflikten durch zivile Friedensfachkräfte bestünden große Defizite, sagte der Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Erich Stather. „Das ist unser schwaches Bein." Es gebe kein geeignetes Frühwarnsystem, das rechtzeitiges Handeln ermögliche. Es müssten für jedes Land eigene Indikatoren für das Erkennen drohender Konflikte entwickelt werden.
Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, sagte, neben einer Bedrohungsanalyse sei eine Chancenanalyse nötig, um mögliche Friedensakteure in Konfliktregionen zu finden. Frühes Eingreifen werde jedoch häufig dadurch behindert, dass es zu wenig politisches Interesse und Personal gebe.
Die Ökonomin und Präsidentin der Organisation Collaborative for Development Action, Mary B. Anderson, erklärte, der zivile Friedensdienst werde vor allem von „Glauben und Annahmen" getragen und sehr selten von empirisch nachgewiesenen erfolgreichen Strategien. „Wir wissen noch immer nicht, wie wir Frieden schaffen und Konflikte vermeiden können." Der Friedensdienst müsse sich mehr um Resultate und Effektivität bemühen.
Der Vorsitzende des Forums Ziviler Friedensdienst, Tilman Evers, hingegen plädierte für einen vorsichtigen Umgang mit dem „strengen Effizienzkriterium". „Wir säen Keime, die langsam wachsen", sagte er. Als weitere wichtige Instrumente in der Bewältigung von Konflikten nannte er die Entwicklungszusammenarbeit und die Polizei. Während das Militär nationale Interessen vertreten und einen „Feind" bekämpfen müsse, habe die Polizei zum Ziel, die Rechtsordnung wieder herzustellen. Evers plädierte für den Aufbau einer „Völkerrechtspolizei" unter dem Dach von der zu reformierenden Vereinten Nationen. Mit zivilen bewaffneten Kräften könnte der zivile Friedensdienst zusammenarbeiten, mit Soldaten sei das nicht möglich.
(gwo)