UNODC Global Report on Trafficking in Persons UNODC, Wien 2009, 292 Seiten http://www.unodc.org/documents/Global_Report_on_TIP.pdf
Trotz schärferer Gesetze wird Menschenhandel laut einem UN-Bericht noch immer nicht entschieden genug bekämpft. Viele Regierungen verleugnen laut dem Direktor der UN-Behörde für Drogen und Kriminalität (UNODC), Antonio Maria Costa, die Existenz moderner Sklaverei. Die Zahl der Fälle, die gerichtlich verfolgt würden, sei äußerst gering.
Für den Bericht hat UNODC Statistiken und Daten aus 155 Ländern zusammengetragen. Er gibt einen Überblick über die Formen von Menschenhandel und über juristische Schritte, die dagegen unternommen werden. Zudem liefert er länderspezifische Informationen über dokumentierte Fälle von Menschenhandel, Opfer und Strafverfolgungen. Danach besteht bei der juristischen Ahndung eine große Diskrepanz zwischen rechtlichen Vorgaben und ihrer Verwirklichung. So ist die Zahl der UN-Mitgliedstaaten, die das Protokoll gegen Menschenhandel in nationale Gesetze umgesetzt haben, seit seinem Inkrafttreten 2003 von 54 auf 125 gestiegen. Doch in 40 Prozent der untersuchten Länder sei es 2007 und 2008 zu keinem einzigen Verfahren im Zusammenhang mit Sklaverei und Ausbeutung gekommen. Für UNODC zeigt das, dass diese Verbrechen häufig vernachlässigt oder nicht ernst genommen werden.
Laut dem Bericht ist sexuelle Ausbeutung mit 79 Prozent die häufigste Form von Menschenhandel, gefolgt von Zwangsarbeit (18 Prozent). Diese Zahlen könnten jedoch ein verzerrtes Bild wiedergeben. Denn während Zwangsprostitution sichtbar ist und häufiger angezeigt wird, spielt sich Zwangsarbeit eher im Verborgenen ab. Es sei zudem zu befürchten, dass sich die Zahl der Zwangsarbeiter im Zuge der Finanzkrise und der zunehmenden Nachfrage nach billigen Produkten und Dienstleistungen erhöht. Auch andere Formen von Menschenhandel wie Zwangsheirat und der Verkauf von Organen sind weniger gut dokumentiert und finden deshalb seltener Eingang in die Statistiken. Die UN-Kriminalitätsbehörde hat außerdem festgestellt, dass Frauen zwar am häufigsten Opfer von Menschenhandel werden, zugleich aber auch die Mehrzahl der Täter weiblich ist: In Osteuropa und Zentralasien sind es 60 Prozent. Auch die Ausbeutung von Kindern als Bettler, Sexsklaven, Soldaten sowie in Fabriken sei dramatisch.
Der UNODC-Report trägt eine Fülle von Informationen, auch zu einzelnen Ländern, zusammen. Aber noch fehlen die Daten, um die modernen Formen der Sklaverei in ihren einzelnen Ausprägungen genauer zu beschreiben und zu analysieren. Das ist jedoch die Voraussetzung, um Präventivkonzepte, Maßnahmen zur Rettung der Opfer und zur Bestrafung der Täter zu entwickeln. Das UNODC appelliert deshalb an Regierungen und Sozialwissenschaftler, diese Informationslücken so rasch wie möglich zu schließen. Andernfalls müsse der Kampf gegen den Menschenhandel mit verbundenen Augen weiter geführt werden.
(gwo)