Wer für „mildtätige“ Organisationen spendet, muss in Österreich künftig weniger Steuern zahlen. Bisher waren nur Spenden für Wissenschaft und Kunst absetzbar. Die Regierungspartner SPÖ und ÖVP haben damit vor Jahresende in einem gemeinsamen Beschluss das von ihren Parteichefs im Wahlkampf abgegebene Versprechen erfüllt.
Was Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, ÖVP, unter „mildtätig“ versteht, erläutert eine Broschüre des Finanzministeriums. Es trifft auf jene Vereine zu, „die Personen in finanzieller Hinsicht bei materieller Not oder Personen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Gebrechen unterstützen“.
Nicht eingeschlossen sind danach Umweltschutzorganisationen, für die sich vor allem die Grünen eingesetzt haben. Aber auch etwa die Freiwillige Feuerwehr, für die sich die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ stark gemacht haben, bleibt unberücksichtigt. Ob auch Entwicklungshilfe unter die Definition der Mildtätigkeit fällt, war anfangs umstritten. Bei einem Spendengipfel Mitte Dezember, zu dem die Chefs der größten Hilfsorganisationen eingeladen waren, fiel dann die Entscheidung zugunsten des weltweiten Engagements. Andernfalls hätte man Giganten der Mildtätigkeit wie die Caritas verprellt, die mehr als ein Drittel ihrer Gelder im Ausland einsetzt.
Die steuerliche Absetzbarkeit ist eine alte Forderung der Hilfswerke und entwicklungspolitisch tätigen Organisationen. Generationen von Finanzministern hatten allerdings unter Hinweis auf die Verluste für den Fiskus ihre Zustimmung verweigert. Auch jetzt begründete Pröll den Ausschluss bestimmter Wirkungsbereiche mit budgetären Rücksichten angesichts der Finanzkrise. In ihren Aussendungen bezeichneten die Umwelt- und Naturschützer von WWF, Greenpeace und Global 2000 die Entscheidung als „Katastrophe“. Denn sie fürchten, dass sich die Freigebigkeit der Mitbürger künftig dort konzentrieren werde, wo auch ein eigener Vorteil herausschaut. Prölls Begründung halten sie für wenig überzeugend. Schließlich würde das beschlossene Modell ohnehin schon 90 Prozent der Spendengelder in Österreich umfassen. Bundeskanzler Werner Faymann SPÖ, stets auf innerkoalitionäre Harmonie bedacht, wollte aus dem gemeinsamen Kurs jedoch nicht ausscheren.
Ungeklärt ist, ob auch Menschenrechtsarbeit als „mildtätig“ eingestuft werden kann. Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich, zeigte sich jedenfalls überzeugt, „dass wir auf die Liste kommen“. Auch seiner Meinung nach ist es widersinnig, die Ökogruppen auszuschließen. Denn zwischen Umweltschutz und Armutsbekämpfung bestehe ein enger Zusammenhang: „Flüchtlingsströme etwa hängen mit dem Klimawandel zusammen.“
Eine Liste der Organisationen, die letztendlich mit steuerschonenden Zuwendungen rechnen dürfen, muss noch erarbeitet werden. Möglicherweise werden dabei die Kriterien des Spendegütesiegels, das seit einigen Jahren an transparent agierende Vereine vergeben wird, eine Rolle spielen. Keine Sorgen müssen sich das Rote Kreuz, die Caritas und die SOS-Kinderdörfer machen, die jeweils um die 40 Millionen Euro jährlich durch Spenden erwirtschaften.
Die neue Regelung soll im Frühjahr im Rahmen einer größeren Steuerreform vom Nationalrat beschlossen werden und dann rückwirkend ab Januar gelten. Absetzbar werden Spenden bis maximal zehn Prozent des Jahreseinkommens sein. Ralf Leonhard