Den Geldhahn zugedreht

Das Spiel ist aus – zumindest fürs Erste. Weil die Türkei vereinbarte Auflagen nicht einhält, drohen Deutschland, Österreich und die Schweiz ihre Förderung für den Ilisu-Staudamm in der Türkei endgültig zurückzuziehen.

Eindringlich hatten die drei potenziellen Geber staatlicher Kreditbürgschaften für den Bau des umstrittenen Damms die Regierung in Ankara zum Einlenken gemahnt. Bis Mitte Dezember müsse der Beweis erbracht sein, dass die zahlreichen sozialen und ökologischen Auflagen erfüllt werden, an die die insgesamt 450 Millionen Euro schweren Bürgschaften gebunden sind (siehe welt-sichten 8-2008, S. 49, und 11-2008, S. 46). Unter anderem geht es um die Umsiedlung von mehr als 50.000 Menschen. Zudem drohen Jahrtausende alte Kulturschätze durch Überflutung für immer verlorenzugehen. Doch die Türkei trieb ­ungerührt Zwangsenteignungen und vorbereitende Bauarbeiten weiter voran – ohne Rücksicht auf die Auflagen.

Jetzt riss den bürgenden Gebern der Geduldsfaden. „Die Lieferverträge sind suspendiert“, ließ Staatssekretär Erich Stather vom deutschen Entwicklungsministerium kurz vor Weihnachten wissen. „Wir fühlen uns an der Nase herumgeführt.“  Auch Österreich und die Schweiz haben die Lieferverträge ausgesetzt. Zwar räumten Berlin, Bern und Wien der türkischen Regierung noch einmal eine Frist von 180 Tagen ein. Doch Stather glaubt nicht mehr daran, dass das Projekt mit deutscher Unterstützung zustande kommt. Nutznießer der an die Bürgschaften gebundenen Lieferverträge wären vor allem der deutsche Baukonzern Züblin und seine Konsortialpartner in der Schweiz und in Österreich.

Nichtstaatliche Organisationen aus allen drei Ländern begrüßten den Lieferstopp. Man werde alles daransetzen, dass bei weiterhin unnachgiebiger Haltung der türkischen Regierung der Ausstieg auch tatsächlich vollzogen wird, erklärten unisono die deutsche Ilisu-Kampagne Gegenströmung, die Erklärung von Bern (EvB) und ECA-Watch Österreich. Im Deutschen Bundestag haben sich in der Vergangenheit wiederholt die Grünen und die Linkspartei dafür eingesetzt, an den Bürgschaftsauflagen strikt festzuhalten. Dass davon keine Rede sein könne, gab das deutsche Wirtschaftsministerium auf parlamentarische Anfrage der Grünen notgedrungen zu. (di/IS/rl)

 

erschienen in Ausgabe 2 / 2009: Migration: Zum Schuften in die Fremde

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