Die Agrarminister aus rund dreißig Ländern haben auf einem Treffen während der Grünen Woche in Berlin beschlossen, die Exportsubventionen in der Landwirtschaft abzuschaffen. Eigentlich ist das eine gute Nachricht. Zu dumm nur, dass EU-Agrarkommissarin Marianne Fischer-Boel just am Vortag die Wiedereinführung solcher Subventionen für Milchprodukte angekündigt hatte. Und das ist nicht die einzige Maßnahme, mit der Europa den Milchbauern in Entwicklungsländern das Leben schwer macht.
Es gehe nur um einen Ausgleich für den gesunkenen Dollarkurs, der sich ungünstig für europäische Milchexporteure entwickelt habe, versuchte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner die Gemüter zu beruhigen. Ausfuhren nach Afrika und in andere Entwicklungsländer sollen ausdrücklich nicht subventioniert werden, versichert Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Alles in Butter also?
Mitnichten. Auch Exportsubventionen in Richtung USA, Russland und Japan werden die Weltmarktpreise weiter in den Keller treiben. Und das drückt auch die Einkommen von afrikanischen und asiatischen Milchbauern.
Europa versauert den Kleinbauern des Südens das Geschäft mit der Milch noch auf andere Art. Erstens: Nachdem die EU bereits etliche Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik im Rahmen der so genannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zu einer radikalen Marktöffnung gedrängt hat, will sie Ähnliches und mehr jetzt auch in Indien, Südostasien und anderen Regionen erreichen. Zweitens: Trotz einer stagnierenden Binnennachfrage hat Brüssel im vergangenen November beschlossen, die Milchquote fortan jährlich um ein Prozent anzuheben – mit der Folge steigender Exporte auch in Entwicklungsländer. Drittens: Mit einem ambitionierten nationalen Aktionsprogramm zur Exportförderung für Milchprodukte sowie Schweine- und Hühnerfleisch will die Bundesregierung als „Türöffner“ für neue Märkte auftreten. Zu den Zukunftsmärkten für Milchprodukte zählt sie neben Russland, China und Indien ausdrücklich auch Afrika.
Wie wenige andere Länder setzt sich Deutschland international für die Anerkennung und Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung ein. Dafür gebührt der Bundesregierung großes Lob. Noch glaubwürdiger wäre sie allerdings, wenn sie die eigene und die europäische Landwirtschafts- und Handelspolitik einer menschenrechtlichen Überprüfung und Korrektur unterziehen würde.
Armin Paasch, FIAN