Das Allgemeine Präferenzsystem (APS) soll die Wirtschaft armer Länder ankurbeln und die Menschen- und Arbeitsrechte sowie Umweltstandards und gute Regierungsführung voranbringen. Die Verordnung trat 2014 in Kraft. Es handelt sich um ein dreigliedriges Regelwerk.
Das Standard-APS gewährt Zollsenkungen für rund zwei Drittel aller Warenkategorien, an ihm nahmen im Berichtszeitraum 2016/2017 23 Länder teil. Das Programm „Alles außer Waffen“ ist den am wenigsten entwickelten Staaten vorbehalten und hebt Zölle und Mengenbeschränkungen für nahezu alle Warenkategorien auf, 49 Länder hatten daran teil.
Für beide Programme gibt es eine gemeinsame Klausel zum Schutz von Menschen- und Arbeitsrechten. Diese gilt auch für das APS+. Die zehn Länder, die daran teilnahmen, müssen außerdem zusätzliche Anforderungen bei Menschen- und Arbeitsrechten erfüllen und sich zu Umweltschutz und guter Regierungsführung verpflichten. Im Gegenzug senkt die EU bei ihnen nicht nur die Zölle wie im Standard-APS, sondern streicht sie bei nahezu denselben Waren komplett.
Neue Rechtsvorschriften gegen Ehrenmorde in Pakistan
Die EU betrachtet das APS als Teil einer wirtschaftlich wirksamen und zugleich werteorientierten Handelspolitik. Auf beiden Feldern – Wirtschaft und Werte – sehen die EU-Kommission und die Außenbeauftragte Federica Mogherini in den vergangenen beiden Jahren Fortschritte. Das APS habe sich „auf die Wirtschaft von Entwicklungsländern äußerst positiv ausgewirkt“, heißt es in der Zusammenfassung eines gemeinsamen Berichtes.
Auch darüber hinaus ließen sich „viele positive Veränderungen auf das Engagement der EU im Zusammenhang mit der Regelung zurückführen“, etwa neue Rechtsvorschriften gegen sogenannte Ehrenmorde in Pakistan, einem APS+-Land.
Die Lage in den zehn APS+-Ländern wird in dem Bericht genauer unter die Lupe genommen. Sie erhalten ihre Vergünstigungen im Gegenzug für vergleichsweise weitreichende Verpflichtungen unter anderem bei der Einhaltung der Menschenrechte. Kritisiert werden etwa die Marginalisierung von Indigenen in Bolivien, Folter in kirgisischen Haftanstalten und Straflosigkeit für Tötungen auf den Philippinen.
Der EU geht es weniger um die gegenwärtige Lage als um die Entwicklung: „Von APS+-Begünstigen wird erwartet, dass sie Anteil und politisches Engagement zeigen und – am wichtigsten – die Einhaltung fortwährend verbessern, trotz der aufgezeigten Mängel.“
Wie schwierig das sogar bei grundlegenden Rechten ist, zeigt ebenfalls ein Blick nach Pakistan. Zwar bereite das Land eine neue Gesetzgebung zum Verbot von Folter vor, doch diese sei bereits seit Jahren anhängig. Und im Blick auf die Praxis bilanziert die EU, die pakistanische Regierung habe „nicht wirksam“, „um den weitverbreiteten Gebrauch von Folter anzugehen“.
Misereor und Fian bemängeln zu vage Vorschriften
In Fällen wie diesen könnten sich systematische Schwächen des APS offenbaren, die eine Analyse von Misereor und Fian im vergangenen Juni aufgezeigt hat. Brüssel macht zwar für die APS+-Länder die Ratifikation von 27 internationalen Konventionen zur Bedingung, darunter sieben der wichtigsten internationalen Menschenrechtspakte.
Diese dürfen zuletzt nicht massiv verletzt worden sein, das Land muss ferner zusichern, dass es die Pakte umsetzt und an der Überwachung der Umsetzung mitarbeitet. Diese Zusicherung sei jedoch nicht die „wirksame Umsetzung“ selbst, die in der früheren Version des APS-Gesetzes von 2008 Bedingung gewesen sei, kritisieren Misereor und Fian. Die heutige Regelung erlaube es „den betroffenen Ländern, von APS+ zu profitieren, ohne tatsächlich den relevanten Kriterien zu entsprechen“.
Auch die allgemeine Menschenrechtsklausel, die für alle Handelspräferenzen der EU gilt, ist laut den beiden Organisationen zu vage formuliert. Und ferner ignoriere das Allgemeine Präferenzsystemein Problem völlig: dass Menschenrechte nicht trotz, sondern gerade infolge des Systems verletzt werden könnten, als Konsequenz der Handelsvergünstigungen. So würden Landkonflikte in Kambodscha durch eine Ausweitung der Zuckerexporte in die EU befeuert.
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