Die Idee der Kompensation beruht auf der Annahme, dass sich CO2-Emissionen in den Ländern des globalen Südens kostengünstiger ausgleichen lassen als in Industrieländern. Daher sei es sinnvoll, dort in Projekte zu investieren, die erneuerbare Energien oder Energieeinsparung fördern. Der Markt für freiwillige Kompensationen wächst stark und ist teilweise unübersichtlich, nicht alle Anbieter werden von Umweltorganisationen als glaubwürdig eingestuft.
Als seriös gilt die Organisation atmosfair. Sie bietet Privatleuten, Unternehmen oder der öffentlichen Hand die Möglichkeit, in Projekte in Afrika, Asien oder Lateinamerika zu investieren. Dazu gehören etwa effiziente Brennholzkocher für Ruanda oder Kleinwasserkraftwerke in Honduras. Gleichzeitig sollen die Projekte zum Transfer neuer Technologien beitragen, mit deren Hilfe der Energieverbrauch gesenkt werden kann.
Die Bundesregierung kompensiert alle dienstlichen Flüge über atmosfair. Unter den Städten hingegen tun das bisher nur wenige. Zu den Vorreitern gehören Bonn, München, Freiburg, Düsseldorf, Hamburg und Heidelberg; Köln plant den Einstieg in die Kompensation. Bonn kompensiert nicht vermeidbare Flugreisen seit 2011. Mitarbeiter sollen bei Dienstreisen vorrangig auf öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn setzen. Erst wenn das nicht möglich sei, dürfe geflogen werden, sagt Wolfgang Faßbender vom Amt für Umwelt, Verbraucherschutz und Lokale Agenda.
Klimabündnis warnt vor Gefahren der Kompensationen
Die bei durchschnittlich 50 Flugreisen und rund 100.000 Flugkilometern jährlich anfallenden 40 Tonnen CO2 würden über atmosfair kompensiert. Das kostet die Stadt Bonn rund 1100 Euro pro Jahr. Bei Flügen, die im Rahmen von Nord-Süd-Partnerschaften anfallen, kann die Kompensation auch über den jeweiligen Projektträger wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit laufen. Ob ein Flug unvermeidbar ist, entscheidet die jeweilige Dienststelle.
Die meisten Städte halten sich bei der Kompensation noch zurück. Das liegt auch daran, dass der klimapolitische Nutzen umstritten ist. Für viele hat der Ausgleich von CO2-Emissionen im Süden das Image eines modernen Ablasshandels. Das Klimabündnis, ein Netzwerk von 1700 europäischen Städten mit indigenen Partnern im Amazonasbecken Lateinamerikas, hat auf seiner Mitgliederversammlung im September eine Resolution verabschiedet, die die Gefahren der Kompensation unterstreicht. Diese trage „in der heutigen Form“ kaum zum Klimaschutz bei und erhöhe potenziell den Druck auf Wälder und indigene Völker. Die eigentlichen Ursachen für Entwaldung wie das Vorgehen internationaler Konzerne und nationaler Regierungen werde mit Kompensationsprojekten nicht beseitigt. Außerdem sei ihr Erfolg schwer messbar.
Klimabündnis-Mitglied München kompensiert trotzdem weiter. Und Michaela Thurau von der Organisation atmosfair sagt, ohne Kompensationen seien „die ehrgeizigen Klimaziele deutscher Städte und Kommunen nicht zu erreichen.“
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