Die Extreme werden allmählich zur Norm: Als drittes Jahr in Folge war 2016 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Entwicklungsländer sind besonders verletzlich gegenüber extremen Wetterereignissen wie Dürren oder Fluten. Fallen dadurch die Ernten aus, können ganze Gemeinschaften in die Armut abrutschen. Um die Betroffenen dagegen abzusichern, haben die G7-Industrieländer auf deutsches Betreiben hin 2015 die Initiative InsuResilience gestartet.
Bis Mitte 2016 hatten Deutschland, die Niederlande und die EU rund 470 Millionen Euro in die Initiative gesteckt. Zu wenig, um – wie zugesagt – etwa 400 Millionen Menschen bis 2020 in eine Klimarisikoversicherung zu bringen. 300 Millionen davon können über staatliche Versicherungssysteme abgedeckt werden, 100 Millionen sollen individuelle Policen erhalten. Bislang seien jedoch insgesamt nur 150 Millionen Gefährdete erreicht worden, räumte Staatssekretär Thomas Silberhorn im Oktober ein. Deshalb habe die Bundesregierung in diesem Jahr ihre Mittel auf insgesamt 390 Millionen Euro erhöht.
Bei der Weltklimakonferenz in Bonn Mitte November wollen die G20-Industrie- und Schwellenländer die Initiative nun zu einer globalen Partnerschaft erweitern. Die G20-Staaten sind für mehr als drei Viertel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zugleich ist in Entwicklungsländern nur ein Bruchteil der durch Naturkatastrophen verursachten Schäden versichert. Ziel der „InsuResilience Global Partnership“ ist es, mehr Länder unter den Schutzschirm zu holen und gegen die Folgen von Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme zu versichern.
Umgesetzt wird InsuResilience vor allem über regionale Versicherungspools in Afrika, der Karibik und im pazifischen Raum. Die Pools fassen das Risiko mehrerer Länder zusammen und senken dadurch die Prämie einzelner Staaten. Auch die Absicherung von Policen durch Rückversicherer wird somit günstiger. Finanzielle Unterstützung erfolgt meist in Form von Risikokapital über nationale und regionale Entwicklungsbanken.
In Afrika beteiligen sich nur wenige Länder
Eines der Pilotprojekte ist die African Risk Capacity (ARC). Dieser Pool deckte 2015 und 2016 erste Schadensfälle: In Niger, Mauretanien, Senegal und Malawi erhielten 2,1 Millionen von Dürre betroffene Menschen Nahrungsmittel- und Viehfutterhilfen in Höhe von 29 Millionen Euro. Eine halbe Million Nutztiere konnte gerettet werden. Der Pool finanziert Notfallprogramme und humanitäre Einsätze, die vorab mit den Regierungen der Länder vereinbart werden. Zudem sollen Vorhersagemodelle drohende Hungerkatastrophen früher erkennen und eine schnellere Hilfe ermöglichen.
Allerdings zahlen bisher weniger als ein Dutzend afrikanische Länder in den Versicherungspool ein. In vielen Ländern mangele es an grundlegender Erfahrung mit Versicherungen, zudem sei die Branche nicht vorbereitet: „Der Markt benötigt Anschub“, sagt Joachim Nagel von der KfW-Entwicklungsbank. Nachhelfen soll ein von Deutschland ins Leben gerufener Treuhandfonds. 15 Millionen Euro stellt das BMZ dafür bereit, private Versicherer sind aufgerufen, Expertise im gleichen Wert einzubringen. Mit dem Fonds sollen unter anderem Policen entwickelt werden, die stärker auf die Verhältnisse in den Zielländern zugeschnitten sind. Zudem sollen Kleinversicherer mit Schulungen auf den Markt vorbereitet werden.
Schaden die Versicherungen der Biodiversität?
Organisationen wie Oxfam oder die Welthungerhilfe unterstützen den innovativen Ansatz der Klimaversicherungen, weisen aber darauf hin, dass diese nur ein Teil der notwendigen Anpassung armer Regionen infolge der Klimakrise sein könnten. Das Hilfswerk Brot für die Welt mahnte jüngst, die Verursacher von Klimaschäden müssten umfänglich zu einer globalen „Haftpflicht“ stehen. Besonders stark vom Klimawandel betroffene Länder sollten bei ihren Prämienzahlungen finanziell unterstützt werden.
Eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) kam zu dem Ergebnis, dass Klimaversicherungen wohl die Abhängigkeit von internationaler Nothilfe im Katastrophenfall verringern, zugleich aber unter Landwirten neue Abhängigkeiten schaffen können. So seien manche Agrarversicherungsmodelle an bestimmte Sorten geknüpft, was dazu führe, dass Bauern vor allem diese anbauten. Solche Nebeneffekte schadeten der Biodiversität, so das UFZ, die für sich das beste Rüstzeug gegen Ernteausfall anfälliger Sorten sei.
Staatssekretär Silberhorn bestätigte, dass das Ministerium Kenntnis von der Studie habe. Versicherungsprodukte von InsuResilience seien nicht an bestimmte Anbausorten gebunden. Das sei überprüft worden. Möglich sei höchstens, dass so etwas bei der Ausgestaltung von Versicherungslösungen durch Staaten geschehe.
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