Anfragen von Brot für alle bei Schweizer Einzelhändlern und Verarbeitern von Fett, Öl und Margarine haben gezeigt: In jedem sechsten angebotenen Produkt steckt Palmöl. Dazu kommen Palmöl-Anteile in Kleinstmengen wie beispielsweise in Verpackungen, als Emulgatoren oder auch als Staubbinder in Gewürzpulvern. Wenigstens die unsägliche Beimischung von Palmöl in Treibstoffe konnte in der Schweiz dank zivilgesellschaftlichem Engagement verhindert werden, sonst wäre der Verbrauch noch höher.
Die weltweit rasant steigende Verwendung von Palmöl hat Hunderttausende Quadratkilometer Monokulturen zur Folge, die den Menschen, die dort leben, die Lebensgrundlage nehmen. Denn anstelle einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt wächst nun eintönig Palme neben Palme: 144 Stämme je Hektar sind die Norm. Darum fordert Brot für alle von Einzelhändlern und Nahrungsmittelindustrie einen grundsätzlichen Wandel, eine Transformation des bisherigen Wirtschaftens und der industriellen Verarbeitung von Nahrungsmitteln. Der Palmölverbrauch muss deutlich reduziert werden. Doch auch agrarökologische Anbaumethoden, geschlossene Kreisläufe wie auf einem Demeter-Hof und regionale Produktion sind zu fördern.
Es braucht einen tiefgreifenden Wandel, um die Folgen des Palmöl-Booms zu stoppen. Der viel gepriesene Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil, RSPO) genügt nicht. Er ist vielmehr ein Negativbeispiel, wie mit vielen Worten und einem weltweit propagierten Standard wenig verändert wird. Das Regelwerk bleibt für die teilnehmenden Unternehmen freiwillig. Kein Wunder, dass sich auch nach nunmehr fast 15 Jahren Bestehen keine entscheidenden Verbesserungen ergeben haben. Zwar unterschreibt jedes Mitglied des Netzwerkes acht Prinzipien und 43 praktische Kriterien im Palmölsektor. Zu ihnen gehört es beispielsweise, die Grundrechte der indigenen Landbesitzer, der Gemeinschaften vor Ort, der Mitarbeiter in den Anbaubetrieben, der Kleinbauern und ihrer Familien zu respektieren. Ebenso versprechen die beteiligten Firmen, selbst keine Regenwaldareale oder schützenswerte Gebiete für neue Plantagen zu roden.
Nur: Brot für alle weiß von den Partnerorganisationen in Indonesien, wie oft diese Standards missachtet werden. So umgehen Firmen die Vorgabe und lassen Plantagen durch Dritte illegal im geschützten Regenwald oder auf Torfböden anlegen. Später kaufen und nutzen sie diese als „bestehende“ Plantage. Überraschend ist das nicht, denn die Kontrolleure werden vom Runden Tisch oder den über 3100 RSPO-Mitgliedern direkt gewählt und beauftragt. Sie sind nicht unabhängig, ebenso wenig die Beschwerdeinstanz. Deshalb haben ihre Berichte selten ernsthafte Konsequenzen. Zwar wird seit Anfang 2016 eine etwas strengere Initiative gefördert, die so genannte RSPO NEXT. Doch nach Sanktionsmaßnahmen sucht man weiterhin vergeblich.
Dazu kommt eine mehr als fragwürdige Vorschrift: Wer sich als Mitglied gegen ständiges Absatzwachstum und entsprechende Flächenausweitungen ausspricht, verletzt einen Zusatz zum Regelwerk des RSPO. Umdenken wird so verboten. In diesem Zusammenhang hat Brot für alle auf zwei entscheidende Akteure hinter dem Palmölboom hingewiesen: Großinvestoren aus aller Welt und Schweizer Banken und Finanzinstitute. Aber auch Nahrungsmittelkonzerne und Großhändler tragen Verantwortung, denn Palmöl steckt in unzähligen Produkten des täglichen Bedarfs.
Um den Absatz von Palmöl zu reduzieren, braucht es Druck auf vielen Ebenen. Die EU sollte umgehend die Vorschriften zur Beimischung von Palmöl in Diesel streichen. Vor allem darf die EU nicht einknicken, wenn die Resolution des Europäischen Parlaments gegen Palmöl vom April 2017 verhandelt wird, auch wenn die Regierungen von Indonesien und Malaysia Klagen vor der Welthandelsorganisation WTO erwägen. Jeden Tag aufgefordert sind die Konsumentinnen und Konsumenten. Es gibt Alternativen: andere Öle und Fette aus heimischer Produktion oder Rezepturen ohne Palmöl. Hersteller, Einzelhändler und Konsumenten brauchen nur ihre Gewohnheiten zu ändern. Druck auf Handel und Industrie brachte kürzlich ein Aufruf von Brot für alle, der innerhalb weniger Tage von Tausenden unterschrieben wurde.
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