Habib Rizieq Shihab, Gründer der Islamischen Verteidigungsfront (FPI), hatte sich bei einer Ansprache am 25. Dezember in Jakarta über das Weihnachtsfest lustig gemacht. Er stellte die Frage, wer die Hebamme bei der Geburt Jesu gewesen sei, wenn Gott selbst geboren habe. Ein Video der Rede mit Gelächter im Hintergrund wurde über soziale Netzwerke verbreitet. Anfang Januar hat die indonesische katholische Studentenvereinigung Shihab und zwei weitere Muslime angezeigt, die das Video im Internet verbreitet haben. „Die Aussagen Shihabs über das Weihnachtsfest haben Christen gedemütigt und verletzt“, sagte Angelo Wake Kako, Vorsitzender der Vereinigung. Er schüre damit die religiöse Intoleranz in Indonesien.
Die Anzeige stützt sich auf den Blasphemie-Paragraphen, nach dem die Beleidigung einer Religion mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann. Die Regelung ist in Indonesien umstritten. Viele Parteien und Verbände verlangen, den Gesetzesartikel außer Kraft zu setzen. In dem 200 Millionen Einwohner zählenden Land sind 88 Prozent der Bevölkerung Muslime und neun Prozent Christen. Indonesien blickt auf eine lange Geschichte des friedlichen religiösen Miteinanders zurück. Seit einigen Jahren wächst jedoch der Einfluss islamistischer Strömungen und gefährdet den interreligiösen Frieden.
Vorgehen der Studenten ist umstritten
Seit November 2016 wird dem christlichen Gouverneur von Jakarta, Basuki Tjahaja Purnama, Blasphemie vorgeworfen. Er soll den Koran beleidigt haben. Hinter der Anklage steht unter anderem Habib Rizieq Shihab, gegen den nun ebenfalls Anzeige erstattet wurde. Unterstützung erhalten die katholischen Studenten unter anderem von 149 indonesischen Anwälten, die Rechtsbeistand leisten wollen, sollte der Fall vor Gericht gehen. Auch das nichtkonfessionelle Student Peace Institute hat mittlerweile Anzeige gegen Shihab erstattet, weil er „mit seiner Ansprache Hass verbreitet und die interreligiöse Harmonie in Indonesien untergräbt“.
In katholischen Kreisen ist das Vorgehen der Studenten umstritten. Der Präsident der bischöflichen Kommission für Ökumene und interreligiöse Angelegenheiten, Harun Yuwono, würdigte zwar ihren Mut, befürchtet aber eine Reaktion der islamistischen Bewegung. Auch der Geschäftsführer der bischöflichen Kommission, Agustinus Ulahayanan, forderte die Katholiken zur Vorsicht auf, „damit keine sozialen und religiösen Konflikte entstehen.“
Katja Nikles, Referentin für Menschenrechte und Religionsfreiheit beim katholischen Missionswerk Missio in Aachen, gibt zu bedenken, es sei grundsätzlich schwierig, gegen einen Blasphemie-Paragraphen zu kämpfen, indem man sich gleichzeitig darauf berufe. „Wer Religionsfreiheit bewirken will, sollte nicht Gleiches mit Gleichem vergelten.“ Eine solche Strategie könne im Zweifelsfall die Konfrontation zwischen den Religionen nur noch mehr befeuern.
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