Erfolg bemisst sich nicht nur am Einkommen

Herausgeberkolumne
Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wollen und sollen nachweisen, wie wirksam ihre Projekte sind. Sie arbeiten erfolgreich daran, besser zu messen, wie ihre Arbeit den Menschen hilft – nicht nur beim Einkommen, sondern auch bei sozialer Teilhabe. Doch nicht alles lässt sich in Zahlen fassen.

Wie hat sich das Leben einzelner Menschen verbessert? Hat sich der finanzielle Hilfseinsatz gelohnt? Was ist dabei objektiv messbar herausgekommen? Das möchten  Privatspender ebenso wie institutionelle Förderer immer wieder wissen. 

Vordergründig scheint die Antwort auf diese Fragen gerade im Bereich von Existenzsicherungsprojekten einfach zu sein: Ein Mensch ohne oder mit nur geringem Einkommen erhält einen Kleinkredit, um sich damit ein eigenes wirtschaftliches Standbein aufzubauen. Kann er oder sie nach einer gewissen Zeit den Lebensunterhalt aus den neuen Einkünften decken und das Geld zurückzahlen, dann war das Projekt ein Erfolg.

Doch diese Betrachtung greift zu kurz. Denn Hilfen für benachteiligte Gruppen wie Menschen mit Behinderungen zielen nicht allein auf deren wirtschaftliche Unabhängigkeit. Sie sollen auch den sozialen Status der Betroffenen stärken und ihnen zu mehr Akzeptanz in und Teilhabe an der Gesellschaft verhelfen. Aber wie lässt sich das messen?

Eine erste Annäherung bringt die Untersuchung, die die Christoffel-Blindenmission (CBM) gerade zusammen mit der Technischen Universität München beispielhaft für Existenzsicherungsprogramme in der Küstenregion Kenias durchführt. Die Forscher betrachten dabei nicht nur die Einkommen der Kreditnehmer, die sie infolge ihrer ersten Investition erhalten. Sondern sie richten ihren Blick auch darauf, was sie aus diesem Einkommen wieder neu investieren – beispielsweise für den Ausbau ihres Geschäfts oder für Arztbesuche und Medikamente, aber auch im Rahmen der Nachbarschaftshilfe und für soziale Anlässe wie Familienfeiern. Dahinter steht die Überzeugung, dass diese Ausgaben die gesellschaftliche Integration sowie das physische und psychische Wohlbefinden der Menschen widerspiegeln und darüber deshalb mehr sagen als das Einkommen alleine.

Deutschland sollte Statstikbehörden unterstützen

Die ersten Fallstudien in Kenia zeigen, dass Menschen mit Behinderungen, die an einem Existenzsicherungsprogramm teilnehmen, nicht allein ihr Einkommen steigern. Darüber hinaus investieren sie auch mehr in ihre Gesundheitsversorgung und nehmen verstärkt am sozialen Leben teil. Schön wäre, wenn die Kriterien dafür noch weiter ausgearbeitet werden und in die Auswertung einfließen könnten. Denn mit ihrer Hilfe können wir Projekterfolge umfassender als bisher nachweisen. Dann bräuchten wir nicht mehr nur kurzfristige und unmittelbare Ergebnisse darzustellen.

Trotz allem sind der Wirkungsmessung aber gewisse Grenzen gesetzt. Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, braucht es ein hohes Maß an Sorgfalt bei der Erhebung der Daten – und es müssen regionale Vergleichszahlen vorliegen. Nur so lässt sich abgrenzen, welche Erfolge auf die Existenzsicherung zurückzuführen sind und welche Verbesserungen es wahrscheinlich auch ohne Intervention gegeben hätte. Dazu gibt es aber leider oftmals nicht genug zuverlässiges Zahlenmaterial. Hier ist auch Deutschland gefordert, in der Entwicklungszusammenarbeit Statistikbehörden finanziell und technisch zu unterstützen und auch Fachpersonal auszubilden. Nur dann lassen sich Verbesserungen von Lebensbedingungen hinreichend dokumentieren.

Schließlich dürfen wir bei allem nachvollziehbaren Verlangen nach objektiver Messbarkeit unserer Projekte nicht vergessen, dass wir in erster Linie mit und für Menschen arbeiten. Wohlbefinden, Selbstwertgefühl, Akzeptanz und Teilhabe werden sehr individuell erlebt und wahrgenommen. Messgrößen können zwar eine Annäherung bringen. Aber die subjektive Wahrnehmung der betroffenen Menschen wird bei der Wirkungsanalyse immer eine wichtige Rolle spielen. Deshalb bleibt es unabdingbar, den Erfolg von Existenzsicherungsprogrammen ganzheitlich zu überprüfen und den Faktor Mensch nicht außer Acht zu lassen.

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