Die nachweisbaren Erfolge sind schnell aufgezählt: In zwei Bezirken mit 29.000 Einwohnern stehen heute 300 regensichere Toiletten, in acht Dörfern wurden Gesundheitsposten gebaut, und ein Gesundheitszentrum hat ein Wartehaus für Schwangere erhalten. Auch andere Organisationen investieren in die Infrastruktur, um die Gesundheitssituation von Menschen in abgelegenen Gebieten in Afrika zu verbessern. Beim ASSET-Projekt des Difäm geht es aber um mehr: Damit sich ihre Lage langfristig verbessert, müssen die Menschen in den Dörfern in die Pflicht genommen werden und Eigenverantwortung übernehmen.
Seit fünf Jahren setzt die Organisation in dem afrikanischen Land ihren eigens entwickelten ASSET-Ansatz um. Die Abkürzung steht für die Anerkennung von Ressourcen und Potenzialen der Bevölkerung vor Ort, das Stimulieren und Aktivieren von bisher unerkannten Ressourcen, die Stärkung der Eigeninitiative, das Einbeziehen der Menschen sowie die Transformation des Einzelnen und von Gemeinden. Bei Workshops im Einzugsgebiet von zwei Gesundheitszentren sollten sich die Teilnehmenden zunächst selbst darüber klarwerden, welche Ziele sie haben und wie sie sie erreichen können.
„Wir sind bewusst mit leeren Händen hingegangen“, sagt Beate Jakob, Studienreferentin im Difäm. Nicht einmal die üblichen Aufwandsentschädigungen seien gezahlt worden. „Wir haben gemeinsam nach einer Struktur gesucht, wie möglichst viele Menschen in die Diskussion über Gesundheitsfragen einbezogen werden können.“ Herausgebildet haben sich für jedes Dorf Besuchsgruppen, die seither in die Familien gehen, mit ihnen über Hygiene und Gesundheit sprechen und dabei von den individuellen Sorgen und Nöten erfahren.
„So wird deutlich, was für die Menschen in den Dörfern Priorität hat“, erklärt Jakob. Beim Bau der regensicheren Toiletten, die für viele an allererster Stelle standen, habe oft das ganze Dorf mitgeholfen. „Über das Projekt werden nur die Dinge finanziert, die die Menschen nicht selbst zur Verfügung stellen können, wie zum Beispiel Zement oder Stahlmatten“, sagt Jakob. Dafür sowie für die Gehälter zweier lokaler Koordinatoren und die Schulung der Besuchergruppen stellt das Difäm jährlich 35.000 Euro zur Verfügung. Ab diesem Jahr ist das Projekt in Kooperation mit der Lechler-Stiftung um eine Region erweitert worden.
Die Experten wundern sich über so viel Einsatz
Mit dem ASSET-Ansatz hat das Difäm die ursprüngliche Idee der Primary Health Care-Bewegung (PHC) wiederaufgenommen. Der Gedanke, dass die Menschen vor Ort als eigenständige Akteure einbezogen werden müssen, war lange ein wichtiges Credo in der weltweiten Gesundheitspolitik. Viele PHC-Projekte verliefen im Sand, weil sie keine schnellen Erfolge vorweisen konnten – ein nicht unerheblicher Faktor beim Einwerben von Geld. „Impfkampagnen sind schneller und leichter zu organisieren und ihre Ergebnisse lassen sich schneller beziffern“, sagt Beate Jakob, die einräumt, dass man für den ASSET-Ansatz einen langen Atem brauche. „Wenn Menschen ein Bewusstsein für ihr eigenes Potenzial entwickeln sollen, dauert es einfach seine Zeit.“
In Malawi hat das offenbar funktioniert. „Ich habe so viele Projekte starten und versanden sehen. ASSET aber ist anders“, sagt der Dorfälteste Mwinama, in dessen Ort unlängst ein Gesundheitsposten eingeweiht wurde. Zunächst habe er gedacht, dass es sich bei der Dorfklinik erneut um ein leeres Versprechen handele. Als dann ein Lastwagen Stahlmatten, Zementsäcke und anderes Baumaterial ablud, „hat uns das so motiviert, dass wir uns daran gemacht haben, das fehlende Geld zur Bezahlung eines einheimischen Bauunternehmers zusammenzubringen und Ziegelsteine, Sand und Bruchsteine herzuschaffen“, sagt Mwinama.
Erstaunt über das Engagement der Menschen zeigt sich auch Sydney Paul von der staatlichen Gesundheitsbehörde in einem der beiden Distrikte. „Es ist sehr ungewöhnlich, dass Dorfälteste sich für ein Projekt wie die Village Clinics einsetzen, ihr eigenes Land zur Verfügung stellen und dass Frauen und Männer bereitwillig und zügig an der Verwirklichung des Projektes mitarbeiten“, sagt der Gesundheitsexperte.
Yoas Mvula, der die Gesundheitsarbeit der Nkhoma Synod Church – dem lokalen Partner des Difäm – koordiniert, ist davon überzeugt, dass die Ergebnisse einen bleibenden Effekt haben werden. Die Dorfgemeinschaften hätten selbst überlegen müssen, wie sie ihre Probleme lösen, sagt er. Es werde ihnen nichts von außen vorgegeben. „Dadurch hat sich das Denken der Menschen verändert. Die Gemeinschaften schauen jetzt erst einmal, was sie selbst verbessern können, bevor sie um die Hilfe von Entwicklungspartnern bitten.“
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