Unter dem Motto „Fluchtursachen bekämpfen“ reiht sich die Initiative ein in Bemühungen, die deutsche Wirtschaft für entwicklungspolitische Zwecke zu gewinnen. Beschäftigungsfördernde Investitionen steigern den Wohlstand und halten Menschen in ihrer Heimat, so die Logik. Allerdings lauern in Entwicklungsländern nicht zuletzt wegen Korruption und Rechtsunsicherheit die höchsten Geschäftsrisiken. Auf Afrika entfallen nur 0,85 Prozent des Investitionsbestands deutscher Unternehmen im Ausland.
Was Müller vorschwebt, scheint naheliegend: Neben steuerlichen Anreizen für Kapitalanlagen sollen beispielsweise Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ausgebaut werden, um das Investitionsklima zu verbessern. Solche Abkommen verhindern, dass Unternehmen zweimal Steuern zahlen müssen: zum einen im Heimatland, zum anderen im Zielland der Investition. Deutschland unterhält mit Entwicklungsländern viel weniger solcher Abkommen als etwa Frankreich.
Der Afrika-Verein wirbt für Exportkreditgarantien
Aufbauend auf den Erfahrungen des veralteten Entwicklungsländer-Steuergesetzes zur steuerlichen Begünstigung von Rücklagen für Kapitalanlagen im Ausland könnten laut einer BMZ-Sprecherin auch Rücklagen für Investitionen in Entwicklungsländern wieder steuerlich begünstigt werden.
Während das BMZ noch die Machbarkeit der Pläne prüft – Subventionen dürfen internationalen Wettbewerbsregeln nicht zuwiderlaufen –, spricht der Afrika-Verein der Deutschen Wirtschaft von einer „verpassten Chance“. Geschäftsführer Christoph Kannengießer wirbt seit längerem im Finanz- und im Wirtschaftsministerium sowie im BMZ für eine flexiblere Vergabe von Exportkreditgarantien. Die hält der Verband für den vorrangigen Anreiz für Unternehmen, in schwierigen Ländern Geschäfte zu machen; sie müssten aber dem Bedarf von Unternehmen und Zielmärkten angepasst werden. Derzeit gehen zwei Prozent der deutschen Exporte nach Afrika.
Der Afrika-Verein wirbt für Exportkreditgarantien
Mit Exportkreditgarantien, auch Euler-Hermes genannt, mindert der Bund das Risiko für den Fall, dass der Kunde eines deutschen Unternehmens die gelieferten Güter nicht bezahlen kann. So leidet beispielsweise Angola derzeit unter Devisenengpässen wegen des Ölpreisverfalls. Besonders für Geschäfte in Staaten, die einmal verschuldet waren, erhalten Unternehmen nur sehr schwer solche langfristigen Absicherungen. Die Wirtschaft beklagt regelrechte „schwarze Listen“. Hinzu komme, dass etwa für Maschinen und Anlagen, deren Komponenten zu weniger als 50 Prozent in Deutschland gefertigt sind, keine Garantien gewährt werden.
Große Konzerne haben meist Zugang zu alternativen Absicherungen. Dagegen schließen mittelständische Betriebe Geschäfte in Hochrisikoländern oft von vorneherein aus. Deshalb hält der Afrika-Verein verbesserte Auslandsdeckungen, wie sie etwa Frankreich schon gewähre, für dringlicher als die von Müller vorgeschlagenen Investitionsanreize. Auch der Export von Maschinen, etwa zur Saftproduktion in Kenia, schaffe Arbeitsplätze. Das belege eine Studie des IFO-Instituts München. Der Verfasser, Gabriel Felbermayer, beurteilt Steuervergünstigungen als Anreiz skeptisch, weil sie tendenziell den Wettbewerb verzerrten. Deutsches Engagement in Entwicklungsländern scheitere weniger an Kapitalmangel als an den hohen politischen Risiken, die damit verbunden seien.
Dagegen eignet sich laut der Studie das Instrument der Investitionsgarantien. Damit versichert der Bund ähnlich wie bei den Exportkreditgarantien förderungswürdige Auslandsvorhaben gegen politische Risiken in Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern. Voraussetzung ist ein ausreichender Rechtsschutz über sogenannte Investitionsförderungs- und Schutzverträge mit den Zielländern. Deutschland hat mit 44 Ländern in Afrika solche Verträge geschlossen – darunter Ägypten, Kenia und Nigeria. Laut BMZ bestehen derzeit 77 wirksame Investitionsgarantien für deutsche Projekte in afrikanischen Ländern.
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