Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte dies bereits im Februar in einem Brief angekündigt. Das Schreiben wurde am 21. März öffentlich bekannt und löste eine heftige Debatte aus. Mikl-Leitner beruft sich auf einen Fördervertrag, den ihr Ministerium im vergangenen Herbst mit zwölf Hilfsorganisationen geschlossen hat, darunter das Österreichische Rote Kreuz und die Caritas. Laut dieser sogenannten Sonderrichtlinie sind „grundsätzlich nur jene Kosten“ für die Flüchtlingsarbeit „förderbar“, die „nicht durch Zuwendung Dritter (insbesondere Spenden) abgedeckt sind“. Die Hilfsorganisationen müssten nach dieser Lesart also private Spenden von ihren Ausgaben abziehen, die sie im Auftrag der Regierung für die Versorgung von Flüchtlingen getätigt haben und vom Staat zurückfordern können.
Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien, hat das Papier zwar auch unterschrieben, zeigte sich im österreichischen Fernsehen aber kämpferisch und verlangte, „dass die Bundesregierung hier nicht in die Taschen der Spenderinnen und Spender“ greife. „Wir werden die Spenden sicher nicht offenlegen“, kündigte Erich Fenninger von der Volkshilfe an. Die Spenden seien für Zusatzleistungen gedacht und nicht dazu, den Staat bei der Erfüllung seiner Pflichten gegenüber Flüchtlingen zu unterstützen.
Ein über die sozialen Medien verbreiteter Protestbrief wurde binnen weniger Stunden von Tausenden unterzeichnet. Zahlreiche Organisationen, die nicht direkt mit Flüchtlingen befasst sind, vom Tierschutzverein bis zur Bundesjugendvertretung, solidarisierten sich mit den Hilfswerken. Mit Ausnahme der Rechtsparteien FPÖ und Team Stronach schlossen sich auch die Oppositionsparteien dem Protest an. Aktivisten protestierten mit einer „Lärm-Spende“ vor dem Innenministerium in Wien.
Es geht nur um bestimmte zweckgebundene Spenden
Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Ende März stellten die Hilfswerke und die Innenministerin klar: Die Forderung der Regierung betrifft nur Spenden, die ausdrücklich für Transitflüchtlinge eingegangen sind – also für die vorübergehende Versorgung von Menschen, die nicht in Österreich Asyl beantragen, sondern zum Beispiel nach Deutschland weiterreisen wollen.
Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, erklärt, ein „Formulierungsfehler“ im Vertrag mit der Regierung habe den Wirbel ausgelöst: „Es ist klar, dass wir diese Leistung nicht dem Bund verrechnen.“ Allerdings handle es sich um vergleichsweise geringe Beträge. Er schätzt die Summe für das erste Quartal 2016 auf unter 30.000 Euro. Vom Innenministerium seien für diesen Zeitraum aber Fördermittel von rund zehn Millionen Euro allein für das ÖRK fällig. Spenden, die für Flüchtlingsarbeit allgemein auf den Konten der Hilfswerke eingehen, würden nicht offengelegt, so Foitik.
Bei einem weiteren Treffen der Hilfswerke mit Beamten des Innen- und Finanzministeriums sei vereinbart worden, dass die Ende März ausgelaufene Sonderrichtlinie zunächst bis 30. Juni verlängert wird. Das mindert den Zeitdruck, sie neu zu formulieren. Derzeit sind laut Foitik gar keine Transitflüchtlinge zu betreuen. Die Grenzschließung bei Idomeni hat das Problem nach Griechenland verlagert. Seit April stehen die Teams von ÖRK und Caritas nicht mehr im Grenzort Spielfeld, wo eine große Registrierungsanlage aufgebaut wurde. „Wir sind nur mehr auf Stand-by“, sagt Foitik.
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