Weltweit seien 108 Länder akut von einer Schuldenkrise bedroht, heißt es in dem Mitte April vom Entschuldungsbündnis erlassjahr.de und vom Hilfswerk Misereor veröffentlichten Bericht. Das seien sieben Länder mehr als 2014. Als Grund führt der Bericht vor allem die fallenden Rohstoffpreise an. Demnach beträgt die Schuldenlast der Entwicklungs- und Schwellenländer derzeit insgesamt 5400 Milliarden US-Dollar. Der Anstieg der Verschuldung im globalen Süden sei dramatisch, sagt Jürgen Kaiser, politischer Koordinator von erlassjahr.de.
Zu den gefährdeten Ländern zählt der Schuldenreport Südafrika, Sambia sowie das schon einmal entschuldete Ghana – in Lateinamerika unter anderen Ecuador, Kolumbien und Venezuela. „Besonders Staaten, die stark von Rohstoffexporten abhängen, versuchen kurzfristig Haushaltslöcher zu stopfen, indem sie risikoreiche Anleihen auf dem Kapitalmarkt tätigen“, sagt Kaiser. Zwischen 2004 und 2013 zählte der Internationale Währungsfonds (IWF) 23 Entwicklungsländer als Erstemittenten, die nun mit hohen Zinsen konfrontiert sind.
Die sich anbahnende Krise gleiche der Konstellation, die Anfang der 1980er-Jahre zur Schuldenkrise in der Dritten Welt geführt habe, warnt Kaiser. Zugleich böten weder der IWF noch private Gläubigerclubs faire Verfahren, mit denen Pleitestaaten wieder zu Kreditwürdigkeit und Wirtschaftswachstum zurückfinden können. Eine geordnete Regelung, wie im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) geplant, werde von reichen Ländern weiter blockiert, weil diese ihre Machtposition nicht aus der Hand geben wollten.
Schuldenlast vierfach höher als Entwicklungshilfe
Die UN-Vollversammlung hatte 2014 Prinzipien für den Umgang mit Staatsschuldenkrisen verabschiedet. Führende Industrienationen, darunter auch Deutschland, lehnten diese jedoch ab. Dass China als finanzkräftiger Geldgeber die globale Verschuldung während seiner G20-Präsidentschaft thematisiert hat, bewertet erlassjahr.de als Fortschritt. Das Bündnis fordert die Bundesregierung dazu auf, diesen Faden aufzunehmen und sich als Vorsitzende der G20-Gruppe für ein internationales System zum Schuldenmanagement einzusetzen.
Ein triftiger Grund für ein Umdenken sind nach Ansicht von Misereor zudem die neuen UN-Nachhaltigkeitsziele. Diese verlangten von allen Ländern, dass sie sich für tragfähige Schuldenlasten einsetzen. Steigende Schulden bremsten die Entwicklung, sagte Klaus Schilder, Finanzexperte des katholischen Werks. In den Haushalten bleibe kaum Spielraum, um etwa in Gesundheits- und Bildungsprogramme zu investieren. Deutlich wird das an einen anderen Zahl aus dem Schuldenreport: Im Jahr 2014 überstieg der gesamte Schuldendienst aller Entwicklungs- und Schwellenländer mit 609 Milliarden Dollar die in diese Länder fließende Entwicklungshilfe um das Vierfache.
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