Probleme einer nachhaltigen Stadtentwicklung stehen im 21. Jahrhundert auf der entwicklungspolitischen Agenda ganz oben. Gleichzeitig ist das politische Gewicht von Städten in Afrika, Asien und Lateinamerika gestiegen, so dass sie gerade in autoritär geführten Staaten wichtige Anstöße für Entwicklungen auf nationaler Ebene liefern können.
Autorin
Claudia Mende
ist freie Journalistin in München und ständige Korrespondentin von „welt-sichten“. www.claudia-mende.deDie Servicestelle Kommunen in der Einen Welt hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2015 50 Städte und Gemeinden dazu zu bewegen, eine Klimapartnerschaft mit einer Stadt oder Region in Afrika, Asien oder Lateinamerika einzugehen. In erster Linie will die Servicestelle solche Kommunen ansprechen, die sich bereits in der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Erst im zweiten Schritt will man auch Gemeinden gewinnen, die zwar aktiv Klimaschutz betreiben, sich aber bisher nicht entwicklungspolitisch betätigt haben. Ziel einer Klimapartnerschaft ist es, im Austausch mit der Partnerstadt gemeinsam Programme für Klimaschutz und Klimaanpassung zu entwickeln.
„Kommunen im Süden verfügen über erhebliches Know-how vor allem bei der Klimaanpassung“, so Projektleiter Stefan Wilhelmy. „Deshalb soll die Hilfe nicht einseitig von Nord nach Süd verlaufen.“ Beispielsweise greift der Klimawandel bereits stark in die Ökosysteme der Sahelzone ein. Kommunen in Burkina Faso bohren heute ihre Brunnen tiefer, weil der Grundwasserspiegel sinkt. Rückhaltebecken müssen jetzt so konstruiert werden, dass sie Starkregenfälle aushalten. „In den Kommunen des Südens sind die Auswirkungen des Klimawandels im täglichen Leben viel präsenter als bei uns“, erläutert Wilhelmy. „Mit dem Erfahrungsaustausch möchten wir dazu beitragen, in Deutschland mehr Bewusstsein für die Herausforderungen des Klimawandels zu schaffen.“
Außerdem haben sich auch die Schwellenländer auf der internationalen Klimaschutzkonferenz von Kopenhagen vor einem Jahr dazu verpflichtet, ihren Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um bis zu 30 Prozent zu reduzieren. Wenn sie dieses ehrgeizige Ziel erreichen wollen, müssen die wuchernden Megacities in Afrika, Asien und Lateinamerika erhebliche Anstrengungen unternehmen. Bisher fehlen aber zum Beispiel Mechanismen zur Bilanzierung von CO2-Emissionen, die deutsche Städte wie Frankfurt am Main entwickelt haben. Im Rahmen der Klimapartnerschaften können deutsche Kommunen ihre Expertise zur Verfügung stellen.
In Nordafrika wächst der Problemdruck infolge von Bevölkerungswachstum, Landflucht und Klimawandel ganz besonders. Etwa 60 Prozent der Einwohner von Marokko, Tunesien und Algerien leben heute in Städten, 1950 waren es laut der OECD erst weniger als 30 Prozent. Bei einem Bevölkerungswachstum von im Durchschnitt drei Prozent pro Jahr wird sich ihre Einwohnerzahl in den nächsten rund 30 Jahren verdoppeln. Nachhaltige Stadtentwicklung ist deshalb ein Thema, an dem auch die Regierungen dieser zentralistisch geführten Staaten nicht mehr vorbei kommen.
Großes Interesse im Maghreb an der Zusammenarbeit
Mit ihrem Projekt CoMun, „Coopération des Villes et des Municipalités“ (Kooperation von Städten und Gemeinden), im Maghreb will die GTZ den Austausch zwischen Kommunen und Organisationen der Zivilgesellschaft im Maghreb und in Deutschland fördern. Bisher ist Nordafrika noch kein Schwerpunkt deutscher Städtepartnerschaften. Es gibt nur neun Partnerschaften mit tunesischen Kommunen, aber keine formalen Verbindungen in Marokko oder Algerien. Ziel des GTZ-Projektes ist aber nicht die klassische Städtepartnerschaft, sondern eine punktuelle Zusammenarbeit von Experten zu Brennpunkten nachhaltiger Stadtentwicklung. „Deutschland ist das Vorzeigeland in Sachen kommunaler Selbstverwaltung und Handlungsfähigkeit auf kommunaler Ebene“, sagt Projektleiter Meinolf Spiekermann. „Im Maghreb besteht daher großes Interesse an einer Zusammenarbeit.“
Für die beteiligten deutschen Kommunen hat das GTZ-Projekt nicht zuletzt finanzielle Vorteile. Denn die GTZ-Experten knüpfen die Kontakte und entwerfen gemeinsam mit den Partnern in Nordafrika die Projekte. Deutsche Kommunen können sich mit ihren Erfahrungen bei öffentlichen Dienstleistungen von der Müllabfuhr bis zur Wasserversorgung einklinken, während die GTZ Projektmittel zur Verfügung stellt. Bereits bestehende Partnerschaften wie zum Beispiel die Verbindung Kölns mit Tunis oder Stuttgarts Partnerschaft mit Menzil Bourguiba in Tunesien können durch CoMun mehr „entwicklungspolitische Substanz“ erhalten, so Spiekermann. Gleichzeitig geht es auch um den verstärkten Austausch zwischen den Städten des Maghreb, der bisher so gut wie nicht stattfindet.