Diebstahl am Volk soll nicht verjähren

Diktatoren-Gelder
Mitte 2016 tritt in der Schweiz ein neues Potentatengelder-Gesetz in Kraft. Es ermöglicht, illegale Vermögen von gestürzten Machthabern auf Schweizer Konten auch dann zurückzuführen, wenn die Straftaten verjährt sind.

Ursprünglich wollte die rechtskonservative Mehrheit in der großen Parlamentskammer, dem Nationalrat, aus „rechtsstaatlichen Gründen“ eine Verjährung in das Gesetz einbauen. Im zweiten Anlauf schwenkte die Kammer dann aber im vergangenen Dezember auf die Linie der Regierung und der kleinen Parlamentskammer, des Ständerats, ein. Die hatte die Abgeordneten erfolgreich davor gewarnt, dass Potentaten mit juristischer Verzögerungstaktik die Verjährung anstreben und so die Rückzahlung der außer Landes geschafften Gelder blockieren könnten.

Das Gesetz tritt nach Ablauf der Referendumsfrist voraussichtlich im Mai in Kraft und verankert die bisherige Politik des Bundesrates. In den vergangenen 15 Jahren hat die Schweiz rund 1,5 Milliarden Franken illegal erworbener Vermögenswerte an die Herkunftsstaaten zurückerstattet – darunter etwa die beschlagnahmten Gelder der früheren Diktatoren Ferdinand Marcos von den Philippinen und Sani Abacha aus Nigeria.

Immer noch blockiert ist die Rückerstattung von beschlagnahmten Geldern des gestürzten tunesischen Machthabers Ben Ali. Die Schweiz möchte die rund 60 Millionen Franken längst an das demokratisierte Tunesien zurückgeben. 2014 scheiterte eine Rückgabe von 40 Millionen Franken an einer Beschwerde von Ben Alis Schwager, der moniert hatte, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Gegen ihn und rund ein Dutzend Mitglieder des Ben-Ali-Clans läuft in der Schweiz ein Strafverfahren wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation, Geldwäscherei und Bestechung.

Zum Stand des Verfahrens will sich die Bundesanwaltschaft nicht im Detail äußern. „Die Untersuchungen werden fortgeführt“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Es werde derzeit geprüft, unter welchen Bedingungen Teile der Gelder zurückerstattet werden könnten. Im Oktober 2015 war Bundesanwalt Michael Lauber nach Tunis gereist, um sich mit den tunesischen Behörden über die laufenden Verfahren auszutauschen. Er bekräftigte das Ziel, die beschlagnahmten Gelder „innert nützlicher Frist“ an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Was mit „nützlicher Frist“ genau gemeint ist, präzisierte die Sprecherin nicht. Die Dauer eines Verfahrens hänge von verschiedenen Faktoren ab. Immerhin: Die Rechtshilfe zwischen beiden Ländern funktioniere gut. Inzwischen seien im Rahmen des Rechtshilfeverfahrens bereits Beweismittel nach Tunesien übermittelt worden.

 

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erschienen in Ausgabe 2 / 2016: Seuchen: Unsichtbare Killer
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