(12.06.2015) Die OECD hat neue Indikatoren entwickelt, um zu erfassen, wie instabil ein Land ist. Damit kann Entwicklungshilfe gezielter eingesetzt werden. Die neue Methode erntet aber auch Kritik.
Die absolute Armut wird sich künftig laut der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) in fragilen Staaten konzentrieren. Bereits heute leben 43 Prozent der Menschen, die mit weniger als 1,25 US-Dollar am Tag auskommen müssen, in einem solchen unsicheren Umfeld. 2030 – dem Jahr, in dem laut den geplanten UN-Nachhaltigkeitszielen die extreme Armut ausgerottet sein soll – werden es fast zwei Drittel sein.
Der Aufbau staatlicher Institutionen und die Hilfe bei der Bewältigung von Konflikten müssten verstärkt werden, sonst sei dieses Ziel nicht zu erreichen, heißt es im diesjährigen OECD-Bericht „States of Fragility“. Bisher werde dafür nur ein sehr geringer Anteil der offiziellen Entwicklungshilfe (ODA) eingesetzt.
Für eine zielgenauere Unterstützung hat die OECD erstmals fünf Dimensionen eingeführt, um die Stabilität von Staaten zu beurteilen: das Ausmaß der Gewalt, der Zugang zu einer unabhängigen Justiz für alle, effektive und verantwortliche Institutionen, die Wirtschaftsgrundlagen sowie die Belastbarkeit bei sozialen, wirtschaftlichen oder ökologischen Krisen. Zuvor wurden Länder nur anhand einer Skala von zerbrechlich versus stabil eingestuft.
Die neue Methode ermöglicht genauere Rückschlüsse für eine sinnvolle Hilfe: Benin etwa sollte laut OECD-Bericht darin unterstützt werden, seine Wirtschaft und seine Belastbarkeit zu entwickeln, während Kambodscha besser mit dem Aufbau von Justizwesen und Institutionen gedient ist. Insgesamt neun Länder erfüllen sämtliche Kriterien, um als fragile Staaten betrachtet zu werden. Dazu zählen die Zentralafrikanische Republik, Haiti, Sudan und der Jemen.
Dennoch stößt die neue Betrachtungsweise bei Entwicklungsfachleuten auch auf Kritik. Zum einen werfen sie der OECD vor, falsche Zahlen zu verbreiten. Zum anderen zweifeln sie die Indikatoren an: Müssten nicht von außen einwirkende Faktoren, die einen Staat destabilisieren können, ebenfalls erfasst werden, fragt Frauke de Weijer vom European Centre for Development Policy Management (ECDPM). Sie denkt dabei an Waffenhandel, organisiertes Verbrechen und illegale Finanzflüsse. Insgesamt biete der OECD-Bericht jedoch eine gute Grundlage für die anstehenden Diskussionen über die Post-2015-Agenda, betont Weijer. (gka)
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