Streit um neues Religionsgesetz

Kenia
Ein freikirchlicher Pfarrer hat in Kenia mit vorgetäuschten Heilungen für einen Skandal gesorgt. Jetzt will die kenianische Regierung mit einem neuen Gesetz alle Religionsgemeinschaften an die Kandare nehmen. Christliche und muslimische Verbände wehren sich.

Der Entwurf sieht vor, dass Priester und Imame künftig ein Führungszeugnis und ein Zertifikat der Anti-Korruptionsbehörde vorlegen müssen. Kirchen- und Moscheegemeinden sollen außerdem Angaben zu ihren Mitgliedern machen und jährlich ihre Finanzen offenlegen. Die Steuerbehörden sollen überprüfen, woher Kirchen und Moscheen ihre Auslandsspenden bekommen.

Auch nicht-kenianische Geistliche fallen unter das Gesetz. Sie müssen neben einer Arbeitserlaubnis eine Erklärung ihrer jeweiligen Botschaft vorweisen. Gemeinden, die sich nicht an die Vorgaben halten, können in kurzer Zeit geschlossen werden.

Den Anstoß für das Gesetzesvorhaben gab der Fall Victor Kanyari. Ende vergangenen Jahres hatte ein Fernsehsender aufgedeckt, dass der landesweit bekannte Pastor einer Freikirche in Nairobi Heilungen nur vorgetäuscht und damit lange Zeit viele Menschen um ihr Geld gebracht hatte. Gegen Kanyari ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs.

Prediger nehmen ihre Schäfchen aus

Dass Prediger die Not ihrer Gemeinde ausnutzen, ist nichts Neues in Kenia. Bei Kanyari war die öffentliche Entrüstung aber besonders groß. Die Medien prangerten den Pastor an, insbesondere arme Leute mit seinen Tricks um ihr Geld gebracht zu haben. Und die etablierten Kirchen warfen ihm vor, das Vertrauen der Bevölkerung in religiöse Einrichtungen zerstört zu haben.

Der Justizminister verhängte einen Registrierungsstopp für neue Kirchen und forderte die bestehenden Religionsgemeinschaften auf, sich erneut bei den Behörden zu melden und Angaben zu Führungspersonal und Finanzen zu machen.

Wie in anderen afrikanischen Ländern ist die Kirchenlandschaft in Kenia sehr bunt. Insbesondere bei den evangelikalen Freikirchen sind viele Neugründungen zu verzeichnen. Das geplante Gesetz ist aber auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass in der jüngsten Zeit Moscheen in Nairobi und Mombasa von radikalen Gruppen unterwandert wurden.

Kirchenvertreter: Gesetzesentwurf ist absurd

Mit dem Gesetzesentwurf will die Regierung nun für mehr Transparenz sorgen, nimmt gleichzeitig aber alle Religionsgemeinschaften an die Kandare. Neben den 83 Prozent Christen und 12 Prozent Muslimen, gibt es auch Anhänger von traditionellen afrikanischen Religionen im Land sowie die 5000 Mitglieder zählende jüdische Gemeinde. In den Augen vieler Religionsvertreter ist der Justizminister mit dem Entwurf über das Ziel hinausgeschossen.

Der Nationale Kirchenrat von Kenia wehrt sich gegen die Verallgemeinerung, dass alle Kirchen potenzielle Gesetzesbrecher seien. Der Oberste Rat der Muslime in Kenia äußert sich ähnlich. Bischof Boniface Adoyo vom Interreligiösen Rat Kenias bezeichnet den Gesetzentwurf gar als „absurd“. Er sieht darin eine Verletzung der Religionsfreiheit und „diktatorische Tendenzen“ der Regierung. Die Gesetze gegen Betrug und Terrorismus seien ausreichend, um mit den Problemen umzugehen, findet Adoyo. Der Justizminister will nun noch einmal mit den Religionsgemeinschaften über das geplante Gesetz sprechen.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2015: Töten für den rechten Glauben
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