Früher konnten Vertreter der Zivilgesellschaft auf den Besuchertribünen den AwZ-Sitzungen beiwohnen. In der Regel genügte ein Antrag im Ausschusssekretariat. Diese Praxis haben Union und SPD im April geändert. Nun werde auch im AwZ der Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit angewandt, beklagt der Fachsprecher der Grünen, Uwe Kekeritz. Gerade dort aber wäre eine offene Debatte wichtig, „um die Bedeutung und Wirkung des Ausschusses in die Zivilgesellschaft zu erhalten“.
Der Handlungsrahmen der Abgeordneten in der Entwicklungspolitik ist ohnehin beschränkt. Es gibt kaum Gesetzesvorlagen, die zu bearbeiten sind. Allein im Haushaltsverfahren können der Exekutive Kompromisse und Verschiebungen abgerungen werden. Im Wesentlichen besteht die Arbeit darin, das Ministerium zu kontrollieren. Umso schwieriger ist es für AwZ-Mitglieder, für ihre Belange in der Gesellschaft Aufmerksamkeit zu erregen.
Der AwZ hat sich mit dieser Änderung den anderen Bundestagsausschüssen angepasst, die ebenfalls nur in Ausnahmefällen öffentlich tagen oder wenn Experten zu Anhörungen geladen werden. Das erschwere es der Öffentlichkeit, die demokratische Willensbildung nachzuvollziehen und sei deshalb nicht mehr hinnehmbar, heißt es nun in einem Antrag der Opposition zur Änderung der Geschäftsordnung im Bundestag.
Sitzungen via Livestream öffentlich machen
Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen wollen nämlich erreichen, das sämtliche Ausschüsse grundsätzlich öffentlich tagen und die Beratungen per Livestream im Internet übertragen werden. Nur wenn bestimmte Geheimhaltungsbedürfnisse oder schutzwürdige Interessen Einzelner das Interesse an der öffentlichen Beratung überwiegen, soll der Ausschuss wieder geheim tagen. Ferner sollten möglichst alle Protokolle und Ausschussdrucksachen, die keine Verschlusssachen sind, öffentlich zugänglich gemacht und zeitnah veröffentlicht werden.
Die Opposition findet die Geschäftsordnung nicht mehr zeitgemäß; auch die Fachausschüsse im Europaparlament tagten öffentlich. Ausschüsse sind die Werkstätten des Parlaments, heißt es sogar in den Erläuterungen der Geschäftsordnung. In den Ausschüssen habe nicht nur die Opposition die Möglichkeit, in Detailarbeit Regierungsvorlagen zu verändern, sondern auch die Mehrheit bessere eigene Entwürfe oft nach.
Öffnung nur in Einzelfällen und auf Antrag
Gerade die lebendige Debatte bleibt dem Bürger damit vorenthalten, während Plenardebatten sich nach strenger Choreographie oft vor leeren Stuhlrängen abspielen. „Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente der parlamentarischen Demokratie“, argumentieren die Grünen. Nicht gelten lassen sie den Einwand, dass die Abgeordneten nur dann frei und offen reden könnten und kompromissbereit seien, wenn sie nicht wie im Plenum unter Beobachtung stünden.
Im AwZ zeigen die Mehrheitsparteien immerhin Kompromissbereitschaft – wohl auch im eigenen Interesse: Auch sie wollen letztlich ein Publikum haben. Nichtstaatliche Organisationen oder andere Vertreter der Öffentlichkeit sollten künftig auf Antrag von Abgeordneten und im Einvernehmen aller Fraktionen zu einzelnen Tagesordnungspunkten zugelassen werden. Dies war bislang einmal im Oktober zum Weltmädchentag der Fall. Weitere Anträge der Opposition wurden nach deren Auskunft allerdings abgelehnt.
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