Strom in die Dörfer

Die EU-Kommission will Banken und Geldfonds für den Aufbau der Stromversorgung im ländlichen Afrika gewinnen. Ein neues Finanzierungsinstrument soll Investitionen anlocken. Der Bedarf ist riesig, aber die für eine erste Projektrunde bereitgestellten Mittel sind kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Klaus Rudischauser von der Kommissionsabteilung für Entwicklungszusammenarbeit wies Ende September während einer Brüsseler Tagung darauf hin, dass die Energie-Fazilität der Europäischen Union schon 150 Projekte mit einem Volumen von insgesamt 300 Millionen Euro in Gang gesetzt habe. Rund 15 Millionen Menschen in Afrika hätten dadurch Zugang zu Elektrizität erhalten. Die Bemühungen müssten jedoch auf „hunderte von tausenden Dörfern“ stark ausgeweitet werden.

Zu diesem Zweck hat die EU ein neues Finanzierungsinstrument geschaffen, für das für die nächsten zwei Jahre 75 Millionen Euro bereitgestellt werden. Mit dem Geld soll ein Vielfaches dieser Summe von privaten Investoren mobilisiert werden. Ein Arbeitspapier der Kommission benennt das Problem: Viele Projekte finden auf den Finanzmärkten kein Interesse; Banken und Kapitalfonds geben trotz solider wirtschaftlicher Grundlagen der Projekte keine Kredite, weil ihnen die Vorhaben zu klein und unwichtig erscheinen.

Das neue Electrification Financial Instrument – ElectriFi – der Kommission soll deshalb Projekte so bündeln, dass Investitionen von mindestens 1,5 Millionen Euro zustande kommen. Brüssel schießt bis zu 50 Prozent der Investitionssumme vor. Mit dieser Zusage werden dann andere Investoren gesucht. Steigt ein Anleger mit Kapital in das Projektpaket ein, wird der Vorschuss Teil des Gesamtkredits für die Betreiber der einzelnen Projekte und muss von diesen entsprechend bedient werden. Für die privaten Anleger reduziert sich das Risiko dadurch beträchtlich, weil die Kommission mit ihrem Vorschuss die Anschubfinanzierung übernimmt und die Privaten letztlich in ein laufendes Projekt einsteigen können.

Im Rahmen von ElectriFi will die Kommission den Staaten in Afrika außerdem helfen, ihre Kapazitäten zur Verwaltung der Stromversorgung zu stärken. Brüssel erkennt den Umstand an, dass angesichts der dezentralen Siedlungsstrukturen der Aufbau großer und dichter Versorgungsnetze im ländlichen Afrika nach europäischem Muster kaum möglich ist. ElectriFi will zudem vor allem die umweltfreundliche Energieerzeugung fördern, etwa mit Sonnenkollektoren, Biogasanlagen und Windturbinen. Der in solchen Anlagen produzierte Strom wird in der Regel ohnehin direkt vor Ort verbraucht und nicht in Netze eingespeist.

Vertreter von eingeladenen Entwicklungsorganisationen kritisierten auf der Tagung der Kommission Ende September, dass die Planung für ElectriFi zu abgehoben in den Wolken der Finanzwelt schwebe. Ohne Verankerung vor Ort, beispielsweise in dörflichen Kooperativen oder über verlässliche Absprachen mit Nutzern, könnten die Projekte zur Stromversorgung scheitern. Auch die Schwelle von mindestens 1,5 Millionen Euro für die Vorhaben sei zu hoch: Projekte zur lokalen Elektrifizierung auf dem Land kosteten oft weniger als ein Zehntel dieser Summe.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2014: Der Glaube und das Geld
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