Vor 20 Jahren gab es in Burundi 45 Konfessionen. Heute existieren in dem kleinen zentralafrikanischen Land von der Größe Brandenburgs mehr als 550 verschiedene Kirchen. Das Land ist keine Ausnahme in Afrika. Überall auf dem Kontinent mischen neue Freikirchen die religiöse Landschaft auf. Neu ist allerdings, dass ein Parlament mit einem Gesetz den willkürlichen Kirchengründungen einen Riegel vorschieben will.
Einstimmig haben die Abgeordneten Anfang Juli eine Gesetzesvorlage verabschiedet, die von Priestern oder Pfarrern einen gewissen Bildungsgrad verlangt. Auch sollen neue Freikirchen erst nach einem Jahr Probezeit offiziell anerkannt werden und müssen mindestens 500 Mitglieder haben. Diese letzte Hürde verstößt nach Auffassung des Senats allerdings gegen die Religionsfreiheit, weswegen das Gesetz noch einmal im Parlament beraten werden muss.
Dass das Parlament ein Gesetz zur Regelung von Kirchengründungen für nötig hält, hat verschiedene Gründe. Zum einen ist es in der Vergangenheit immer wieder zu teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Konfessionen oder mit Anwohnern gekommen. Viele der neuen Freikirchen, die oft selbst weder Ordnung noch Satzung kennen, praktizieren ihren Glauben in Wohnvierteln und das zum Teil sehr lautstark, worunter vor allem die Anwohner leiden. Die burundische Zeitung „Iwacu“ berichtet beispielsweise von zahlreichen nächtlichen Ruhestörungen durch lang andauernde und laute Gottesdienste.
Selbsternannte Priester machen schnelles Geld
Nach der Gesetzesvorlage müssen Kirchen künftig ein eigenes Gebäude vorweisen, in dem die Gottesdienste stattfinden können. „Das hat auch einen Sicherheitsaspekt“, sagt Réginas Ndayiragije, der in Burundis Hauptstadt Bujumbura für die deutsche katholische Entwicklungshilfe-Organisation AGEH arbeitet. Es sei schwerer, eine Veranstaltung unter freiem Himmel zu kontrollieren als in einem geschlossenen Raum.
Ndayiragije sieht bei vielen Kirchengründungen aber auch einen wirtschaftlichen Hintergrund. Die selbsternannten Priester oder Pfarrer verlangten von ihren Anhängern oft hohe Beiträge. „Eine Kirche zu gründen ist mittlerweile eine gute Möglichkeit, um schnell an viel Geld zu kommen“, sagt Ndayiragije. Das gelte gerade in einem Land, dessen Wirtschaft ansonsten nicht viele Möglichkeiten zum Geldverdienen biete.
Die Regierung wolle mit dem neuen Gesetz aber nicht nur den religiösen Sektor regulieren, sondern auch mehr Kontrolle über die Bevölkerung haben, vermutet Ndayiragije. Burundi sei nach wie vor ein Land mit sehr begrenzter politischer Freiheit. Der Staat habe die Sorge, dass aus den kleinen Hauskirchen Orte werden, an denen politische Ideen diskutiert werden, die nicht mehr kontrollierbar seien.
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