Krisenanfälligkeit verringern

In den vergangenen Jahrzehnten sind weltweit die Lebenserwartung und die Einkommen gestiegen, der Zugang zu Bildung wurde verbessert. Doch solche Fortschritte sind bedroht, stellt der diesjährige UN-Bericht über die menschliche Entwicklung fest. Die Regierungen müssten dafür sorgen, dass vor allem die Armen weniger anfällig für Krisen sind.

Naturkatastrophen, Konflikte als Folge politischen Scheiterns, Flüchtlingsströme und zunehmende Ungleichheit sorgen dafür, dass sich das Wohlergehen der Menschen in fast allen Weltregionen seit 2008 langsamer verbessert als früher, mahnt der Bericht. Ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt derzeit in von Konflikten betroffenen Ländern, 1,2 Milliarden Menschen müssen ihren Lebensunterhalt mit 1,25 US-Dollar oder weniger pro Tag bestreiten.

Doch das ist nicht das ganze Bild: Laut dem Index für mehrdimensionale Armut (Multidimensional Poverty Index, MPI), der neben dem Einkommen Indikatoren wie Zugang zu Nahrung, medizinischer Vorsorge und Bildung erfasst, sind fast 1,5 Milliarden Menschen in 91 erfassten Ländern arm. Und für fast 800 Millionen Menschen, die der Armut entkommen seien, bestehe die Gefahr, aufgrund von Rückschlägen wie stark schwankenden Nahrungsmittelpreisen wieder zu verarmen.

Die Widerstandskraft verletzlicher Bevölkerungsgruppen gegen Finanz- und Wirtschaftskrisen, Bürgerkriege sowie Extremwetter wie Dürren und Fluten müsse gestärkt werden. So hätten vier von fünf der älteren Menschen auf der Welt keine soziale Sicherung. Besondere Phasen der Verwundbarkeit identifizieren die Autoren des UN-Berichts in den ersten drei Lebensjahren und beim Übergang von der Schule in den Beruf und vom Beruf in den Ruhestand.

Grundsicherung ist günstig zu haben

Die UN machen praktische Vorschläge, wie die Krisenanfälligkeit verringert werden kann, etwa mittels einer sozialen Grundversorgung wie Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Sie plädieren außerdem dafür, Vollbeschäftigung als übergeordnetes Ziel der Wirtschaftspolitik festzuschreiben – so wie in den 1950er und 1960er Jahren. Soziale Stabilität und gesellschaftlicher Zusammenhalt seien im Interesse aller Regierungen. In Entwicklungsländern müsse es vorrangig darum gehen, Jobs im informellen Sektor aus dieser Schattenwirtschaft herauszuholen. Langfristiges Ziel müsse der Übergang von der Landwirtschaft zu Industrie und Dienstleistungen sein.

Eine Grundsicherung für die Armen würde weltweit nicht mehr als zwei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung kosten, argumentieren die UN-Fachleute. Sie sei nicht nur für reiche Länder erschwinglich: So hätten Länder wie Korea oder Costa Rica mit dem Aufbau einer Sozialsicherung begonnen, als ihre Wirtschaftskraft pro Kopf noch niedriger war als derzeit in Indien und Pakistan. Kostenschätzungen für zwölf afrikanische und asiatische Länder zeigten, dass etwa in Burkina Faso weniger als vier Prozent der Wirtschaftsleistung in eine Grundsicherung investiert werden müssten.

Schlusslichter sind der Kongo und Niger

Anlass zu Optimismus gibt dem Bericht zufolge, dass der Abstand zwischen den Ländergruppen mit höherer und niedriger menschlicher Entwicklung kleiner wird, obwohl die Annäherung seit 2008 langsamer vorangeht. Den Index für menschliche Entwicklung führen weiterhin Norwegen, Australien, die Schweiz, die Niederlande, die USA sowie Deutschland auf Platz 6 an. Schlusslichter sind unverändert Sierra Leone, der Tschad, die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo und der Niger.

Besorgniserregend sei, dass sich das Einkommensgefälle in mehreren Regionen verschärft habe, darunter Lateinamerika und die Karibik. Die Ungleichheit wächst aber auch in Industrieländern. In Bezug auf  Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge, Bildung sowie beim Einkommen fallen drei reiche Länder aus den Top 20 heraus: die USA von Rang 5 auf 28, Südkorea von 15 auf 35, Japan von Rang 17 auf 23. Deutschlands Position hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht geändert.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2014: Atomwaffen: Abrüstung nicht in Sicht
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