Scharfe Kritik am Weltkirchenrat

Über die Krise des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) wird viel diskutiert. Jetzt hat sich Aram I. zu Wort gemeldet. Der armenisch-orthodoxe Katholikos hatte lange Zeit selbst eine entscheidende Funktion im ÖRK inne. Ausgerechnet im Vatikan kritisierte er den Weltkirchenrat unlängst als schwache Institution.

Das Oberhaupt der Armenisch-Orthodoxen Kirche, die ihren Sitz in Antelias bei Beirut hat, gilt als Ökumeniker mit Leib und Seele. Seit Beginn seiner Laufbahn in den 1970er Jahren sucht er den Austausch mit anderen Konfessionen, um die Einheit der Kirche voranzubringen. Selbst zu den in orthodoxen Kreisen oft ungeliebten Protestanten pflegt er gute Kontakte.
Im ÖRK hat Aram viele Jahre an entscheidender Stelle mitgearbeitet – erst als Vertreter seiner Kirche bei den Vollversammlungen, dann als Mitglied in der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung. Von 1991 bis 2006 war er Moderator des Zentralausschusses und hatte damit eine der wichtigsten ÖRK-Funktionen inne.

Anfang Juni war der armenische Katholikos nach Rom zu Papst Franziskus gereist. Der Papst hat schon mehrfach bewiesen, dass er über die Konfessionsgrenzen hinweg vieles bewegen kann – etwa mit dem weltweiten Friedensgebet für Syrien im vergangenen September. Für ihre ökumenischen Anliegen braucht die katholische Kirche den ÖRK allerdings nicht. Sie ist kein Mitglied und hat nie die Aufnahme beantragt.

Wichtige Themen verstauben in den Regalen des ÖRK

„Die Ökumene ist für die Kirchen keine Option, sondern ein Gebot“, sagte Aram I. im Vatikan. Er machte keinen Hehl aus seiner Ansicht, dass der ÖKR dazu nicht mehr viel beitragen könne. „Die ökumenische Bewegung ist ruhelos geworden, sucht nach einem neuen Selbstverständnis und braucht dringend neue Visionen“, sagte er vor den Mitgliedern des Päpstlichen Rats zur Einheit der Christen, dem Gremium, das von katholischer Seite aus den Kontakt zum ÖRK hält.

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Auf der ökumenischen Agenda drehe sich alles nur noch um gemeinsame Anliegen wie Klimaschutz oder Migration. Die Frage nach der Einheit der Kirche, der Ausgangspunkt für alle ökumenischen Bemühungen aus orthodoxer Sicht, sei bedeutungslos geworden. Wichtige Themen wie das Wesen der ­Kirche oder der apostolische Glaube verstaubten in den Regalen des Weltkirchenrats, kritisierte Aram.

Auch vom Pilgerweg für Gerechtigkeit und Frieden, der bei der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan 2013 beschlossen worden war, hält der Katholikos nicht viel. Diese Form der Zusammenarbeit werde wahrscheinlich die Frage nach der Kircheneinheit noch weiter an den Rand drängen, sagte er.

Dass die orthodoxen Mitglieder mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen ihre Probleme haben, ist nichts Neues. Theologische und dogmatische Unterschiede zwischen ihnen und vor allem den evangelischen ÖRK-Mitgliedern wie die Frauenordination haben immer wieder Sand ins Getriebe des Weltkirchenrats gestreut und dazu beigetragen, ihn zu schwächen. Bisher hat sich Aram I. auf orthodoxer Seite noch immer für den Erhalt des ÖRK stark gemacht.

In Rom zeigte er sich besorgt darüber, dass die orthodoxe Beteiligung innerhalb des ÖRK bereits deutlich abgenommen habe. Der armenische Katholikos kam zu dem Schluss: „Die multilaterale Ökumene ist im Niedergang begriffen. Deswegen müssen wir der bilateralen Ökumene höhere Priorität einräumen.“

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erschienen in Ausgabe 7 / 2014: Lobbyarbeit: Für den Nächsten und sich selbst
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