so und hat eine neue Servicestelle geschaffen, über die sich Bürger entwicklungspolitisch beteiligen können. Allerdings wollen zivilgesellschaftliche Organisationen mehr, als nur an staatlichen Programmen mitzumachen. Das fordern vor allem unsere Partner im Süden.
Die Zivilgesellschaft ist derzeit in aller Munde; Veranstaltungen und Diskussionen zu diesem Thema häufen sich. Zuletzt hat die Gründung der vom Bund unterstützten Servicestelle „Engagement Global“ für entwicklungspolitische Beteiligung dem Wirken der Zivilgesellschaft zu mehr öffentlicher Aufmerksamkeit verholfen.
Autorin
Claudia Warning
leitet den Vorstandsbereich „Internationale Programme und Inlandsförderung“ von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.Diese wachsende Aufmerksamkeit kommt für den Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) nicht überraschend. Anliegen der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit ist es seit jeher, die Selbsthilfepotenziale der Menschen zu stärken und sie in die Lage zu versetzen, dass sie ihre Rechte einfordern und ihre Lebensbedingungen verbessern können. Die Fachgruppe Zivilgesellschaft der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) sowie das internationale kirchliche Netzwerk ACT Alliance setzen sich bereits seit Jahren mit Fragen rund um das Thema Zivilgesellschaft auseinander. Nicht zuletzt die steigende Nachfrage unserer Partnerorganisationen im Süden hat diesen Bereich zu einem der wichtigsten Förder-schwerpunkte des EED gemacht. Unsere Partner sind es, die der Stärkung der Zivilgesellschaft zunehmend mehr Bedeutung beimessen und unsere Unterstützung dafür einfordern.
Die Zivilgesellschaft wird mehr und mehr als wichtige Säule unseres Gesellschaftssystems und als Gegenüber zu Staat und Wirtschaft wahrgenommen. Sie fußt auf der Selbstorganisation und dem gemeinnützigen Engagement von Bürgerinnen und Bürgern. Dabei ist die Bandbreite der möglichen Aktivitäten ebenso groß wie die Anzahl der Mitglieder, der Ziele und Einflussmöglichkeiten sowie der verfügbaren Finanzmittel. Ob Vereine, Netzwerke, Interessenverbände und soziale Bewegungen – bei allen Unterschieden verbindet die Aktiven der Wille, etwas zu gestalten, und der Glaube daran, etwas verändern zu können. Es ist diese Art Motivation, die für ein dauerhaftes Engagement notwendig ist.
Die neue Strategie des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) zur Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft trägt den Arbeitstitel „Mitmachen, Mitwirken und Mitgestalten“. Auch das 50-jährige Jubiläum des BMZ Ende 2011 stand unter dem Motto „Wir machen Zukunft. Machen Sie mit“. Mitmachen ist also angesagt. Aber impliziert „Mitmachen“ nicht eher die bloße Beteiligung an etwas, dessen Spielregeln und Gesetze andere definieren? Sind Menschen langfristig bereit, nur „mitmachen“ zu dürfen? Unser Verständnis von Zivilgesellschaft geht darüber hinaus und basiert vielmehr auf Eigenständigkeit, individuellen Gestaltungsmöglichkeiten und dem Handeln aus der eigenen Motivation heraus. „Mitmachen“ ist aus unserer Sicht nicht genug.
Das gilt besonders für die Zivilgesellschaft im Süden. Vor allem in Lateinamerika und Asien erstarken die zivilgesellschaftlichen Bewegungen. Sie fordern von uns als zivilgesellschaftlichen und staatlichen Gebern zu Recht, auf diese Veränderungen zu reagieren und unser Verhältnis zu ihnen neu auszurichten. Weg von reinen Förderpartnerschaften, in denen die Südpartner häufig zu Durchführern degradiert werden, und hin zu strategischen, gleichberechtigten Partnerschaften. Die Impulse kommen ohnehin meist aus dem Süden.
Dabei ist es wichtig, die richtigen Partner zu finden. Denn auch im Süden gibt es ein breites Spektrum an Organisationen, Vereinen und Bewegungen. Neben originären, mitgliedergetragenen Organisationen, die aus eigener Kraft und dem Willen zur Veränderung heraus aktiv werden, gibt es auch Mitläufer-Organisationen ohne Ziele und Basis, angelockt allein von steigenden Fördermitteln. Diesen Organisationen fehlt es nicht an Geld – das ließe sich ändern –, sondern an Motivation. Die einen von den anderen zu unterscheiden ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Die so von uns identifizierten Partner gilt es zu stärken und darin zu unterstützen, ihre Kompetenzen, Strukturen und Handlungsmöglichkeiten zu verbessern. Hier sollten wir uns zur Abwechslung auf das „Mitmachen“ beschränken und die Partner im Süden selber gestalten lassen. Nur wenn sich ihre und unsere Rollen ändern und wir uns den neuen Rahmenbedingungen anpassen, können wir die Voraussetzungen für eine plurale Gesellschaft schaffen.
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