Der Kardinal ging hart mit den Politikern ins Gericht – vor allem auf seinem Heimatkontinent. „Die größte Herausforderung ist es, das Evangelium wieder in die Politik zu bringen“, sagte er. „Politik ist zu einer Industrie geworden, die nicht mehr im Dienst des Gemeinwohls steht.“ Die Regierungen müssten aufhören, sich von wirtschaftlichen Interessen leiten zu lassen, und sich stattdessen wieder als Diener der Gesellschaft verstehen.
Die Kirche werde nicht aufhören anzuklopfen, betonte der Ordensmann der Salesianer. Aber die Veränderungen müssten aus der Politik kommen. Zugleich bedauerte Rodríguez, dass Kritiker aus dem Klerus schnell verächtlich gemacht würden – wie jüngst Papst Franziskus für seine Kapitalismuskritik. Vor allem in den USA wolle man die die unangenehmen Wahrheiten nicht hören. Dabei richte sich Franziskus nicht gegen wirtschaftliche Fortschritte, sondern gegen die egoistische Ausrichtung der Globalisierung.
„Nur die Märkte der Welt sind globalisiert, nicht aber die Solidarität“, kritisierte der Kardinal, der auch Präsident des Verbandes katholischer Hilfswerke Caritas Internationalis ist. „Es ist ein Fehler, alles dem Gott des freien Marktes zu überlassen.“ Denn dort sei die Macht in zu wenigen Händen konzentriert. „Nur wenige regieren die Welt“: Politik, Banken, Supermärkte, Medien. „Für mich ist die Globalisierung gescheitert.“
Rodríguez forderte ferner eine Rückbesinnung auf die Werte der beruflichen Ausbildung – im Handwerk ebenso wie in der Landwirtschaft, besonders in Lateinamerika und Afrika. So liege das Bildungsideal weltweit zu sehr in einer akademischen Laufbahn, die oft in die Arbeitslosigkeit führe. Zudem reiche Wirtschaftswachstum allein nicht aus, um Arbeitsplätze zu schaffen. „Wir brauchen ein anderes Entwicklungsmodell“, betonte der Kardinal.
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