Das Berliner Versprechen brachte Ciolos und der EU-Kommission freundliche Schlagzeilen, denn seit den lange verflossenen Zeiten von Milch- und Weinseen, Butter- und Schinkenbergen galten die Preisstützen der EU als verwerfliche Verschwendung von Steuergeldern. Darunter fielen auch die Erstattungen, wenn die Agrarhändler für exportierte Überschüsse geringere Preise bekamen als auf dem EU-Binnenmarkt.
EU-Wirtschaftsabkommen mit Westafrika
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) will nun doch ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit der EU unterzeichnen. Das meldete die Masstrichter Denkfabrik ECDPM Ende Januar. Ein Sprecher ...
Doch die EU hat in den verschiedenen Stufen ihrer Agrarreformen die direkten Preisstützen abgebaut und an die Regeln der Welthandelsorganisation angepasst. Von der für die nächsten sieben Jahre veranschlagten Agrarförderung der EU von jährlich rund 55 Milliarden Euro geht knapp drei Viertel zwar weiter direkt an die landwirtschaftlichen Betriebe. Die Förderung ist aber nicht mehr wie früher an die Preise der Erzeugnisse gebunden, sondern an Fläche und Betriebsart.
Damit hat sich die Preisbildung in der EU-Landwirtschaft strukturell verändert. Die EU-Förderung – zu der nationale Zuwendungen der Mitgliedstaaten kommen – deckt einen Sockel der Betriebskosten, der größere Rest ist von den erzielbaren Preisen für die Erzeugnisse abhängig. Somit wird dem liberalen Credo genüge getan, dass sich die Betriebe an den Marktpreisen für ihre Produktion orientieren und nicht mehr an den von Brüssel garantierten Mindestpreisen.
Es hat aber auch zur Folge, dass die Bauern Überschüsse produzieren, wenn sich auf dem EU-Binnenmarkt gute Preise erzielen lassen. Und diese Überschüsse lassen sich zu Billigpreisen exportieren – das Musterbeispiel sind die tiefgefrorenen Hühnerbeine aus der EU, mit denen afrikanische Märkte bombardiert werden und die dort die einheimische Hühnerzucht vernichten. „Mittlerweile sind die Agar-Ausfuhren der EU so billig, dass sie ohne die Zuschüsse aus Brüssel auskommen“, sagt der Agrarexperte Fancisco Marí von „Brot für die Welt“.
Doch Ciolos Berliner Verkündigung war nicht nur als frohe Botschaft gemeint, sondern zugleich als Warnung und Druckmittel für die afrikanischen Staaten, die bisher immer noch nicht die Wirtschaftsabkommen (EPA) mit der EU eingegangen sind. In den Entwurfstexten der EU-Kommission wird den Vertragspartnern zwar zugesichert, dass Brüssel direkte Exportsubventionen nicht mehr einsetzen werde. Aber für diejenigen, die kein EPA unterzeichnen, gilt Ciolos Bemerkung, dass „in Krisenzeiten dieses Instrument noch angewendet“ werden könne. Die Grundlage dafür ist der EU-Beschluss zur Agrarmarktordnung vom September 2013, der Exportsubventionen bei drohenden oder aktuellen Marktstörungen weiter vorsieht.
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