Staatsgeheimnis Außenwirtschaftsförderung

Bevor sie Exportgeschäfte deutscher Unternehmen mit staatlichen Bürgschaften absichert, prüft die Bundesregierung mögliche Auswirkungen auf Umwelt und Menschenrechte. Die Ergebnisse behält sie allerdings für sich. Drei Organisationen wollen vor Gericht die Veröffentlichung nach dem Informationsfreiheitsgesetz erzwingen.

Die Klage von Amnesty International Deutschland, urgewald und GegenStrömung ist Anfang Dezember beim Verwaltungsgericht Berlin eingegangen, bestätigte ein Sprecher des Gerichts; sie werde der Gegenseite zur Stellungnahme übersandt. Sobald alle Unterlagen wieder mit den Klägern ausgetauscht sind, wird ein Termin für eine mündliche Verhandlung festgesetzt. Anschließend prüft das Gericht, ob die Klage zulässig und begründet ist.

Mit Klagen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes hat das Berliner Gericht immer wieder zu tun. Erstmals geht es aber um die Außenwirtschaftsförderung der Bundesbehörden, die nach Meinung der Zivilgesellschaft zu intransparent mit der Prüfung möglicher Menschenrechtsverstöße umgehen, bevor sie staatliche Ausfallgarantien für Exporte und Investitionen in Entwicklungsländern genehmigen. An der Prüfung sind auch die Ministerien für Finanzen, Auswärtiges und Entwicklungszuammenarbeit beteiligt. Federführend ist aber das dem SPD-Minister Sigmar Gabriel unterstehende Wirtschaftsressort.

„Das zuständige Wirtschaftsministerium behauptet, dass es die Menschenrechtssituation vor Ort bei der Vergabe der Bürgschaften hinreichend berücksichtigt“, erklärte Verena Haan, bei Amnesty Deutschland zuständig für Wirtschaft und Menschenrechte. Gleichzeitig weigere sich das Ministerium, die Daten öffentlich zu machen. „Das stiftet kein Vertrauen.“ Die Bundesregierung behandele diese Informationen „wie ein Staatsgeheimnis“, sagt Regine Richter von urgewald.

Einsicht in Prüfberichte verlangt

Die klagenden Organisationen verlangen unter anderem Einsicht in die Prüfberichte zu Bergbau- und Staudammprojekten oder Kraftwerken in Ländern wie Kasachstan, Mauretanien, Tadschikistan, Aserbaidschan und der Türkei. In diesen Ländern und Branchen seien Verstöße wahrscheinlich oder sogar an der Tagesordnung, so die Kläger. Wenn indigene Gruppen Industrievorhaben weichen müssen und ihre Umwelt zerstört wird, stehen Arbeitnehmerrechte und Meinungsfreiheit oft hintan.

Im Juli 2012 hatten die Organisationen Einsicht in eine Reihe von Prüfberichten beantragt und nach eigenen Angaben betont, sie interessiere nur der Umwelt- und Sozialteil der Dokumente. Seine Ablehnung habe das Wirtschaftsministerium allerdings pauschal damit begründet, dass innerbehördliche Beratungen, vertraulich erhobene Informationen und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden müssten. Dies widerspreche den Gesetzen zur Informationsfreiheit und Umweltinformation, sagt Heike Drillisch von GegenStrömung. „Deshalb klagen wir.“

Die auch von Deutschland akzeptierten UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 fordern für die Außenwirtschaftsförderung höchste menschenrechtliche Sorgfalt, sind jedoch freiwillig. 2012 sicherte die Bundesregierung Exporte in Höhe von knapp 30 Milliarden Euro mit Ausfallbürgschaften ab. Mit einer Entscheidung des Berliner Gerichts ist voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2014 zu rechnen.

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erschienen in Ausgabe 2 / 2014: Neue Helden der Arbeit
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