„Senegalhilfe verkauft Kuchen für den guten Zweck“ – unter dieser Überschrift machte eine Gruppe in Duisburg auf ihr Engagement zu Gunsten eines Kindergartens in dem westafrikanischen Land aufmerksam. Etwas politischer kam die Überschrift „Fairer Kaffee hilft Äthiopien“ daher. Unter beiden Titeln fanden sich kurze Artikel, die die Aktionen und ihre Zwecke erläuterten.
Eine auf wenige Wochen beschränkte Recherche im September in den drei in Duisburg erscheinenden Tageszeitungen macht im Kleinen schlaglichtartig klar, was Leser im Lokalteil ihrer Zeitung über die großen Themen Armut und Entwicklung erfahren. Immerhin kamen in diesen zwei Wochen in den drei untersuchten Zeitungen zwölf Meldungen und Artikel zusammen, die von Themen handelten, die man im weiten Sinn des Wortes unter das große Dach der Entwicklungszusammenarbeit packen kann. Dieses sperrig klingende Wort taucht in der Berichterstattung zwar selten auf, aber selbst in Fachkreisen ist ja stattdessen mitunter noch von „Entwicklungshilfe“ oder „Nord-Süd-Beziehungen“ die Rede, um das gut gemeinte Engagement auf einen Begriff zu bringen.
Autor
Jürgen Thiesbonenkamp
war bis 2014 Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe in Duisburg.Es ist lobenswert, dass die Lokalseiten der Zeitungen den Blick auf ferne Lebenswelten öffnen und zeigen, wie und wo sich Menschen von zu Hause aus für Menschen und Projekte irgendwo auf der Welt engagieren. Die Not der Welt hat ihren Platz in den kleinen Welten hierzulande. Es wäre lohnend, eine gründliche Recherche durch ein ganzes Jahr zu führen. Da wird viel zusammenkommen, wie ich aus meiner jahrelangen Lektüre dieser Lokalteile weiß – auch wenn die Fotos von Scheckübergaben „für den guten Zweck“ seit einiger Zeit in den Redaktionen nicht mehr erwünscht sind. Auch inhaltlich zeigen die Meldungen und Berichte ein differenziertes Bild. Die Journalisten greifen auf, was ihnen angeboten wird. Da nehmen die Hinweise auf Ort, Zeit und Anlass zum Kuchenverkauf für den Senegal schnell mehr Platz ein als die Informationen über das Projekt, das auf diese Weise finanziert werden soll. Das ist schade. Denn zu schnell festigt sich beim Leser das Klischee, dass – um es überspitzt zu sagen – Armut mit Kaffee und Kuchen bekämpft werden kann.
Klischees und Verhaltensmuster korrigieren
Damit soll nicht das oft erstaunliche und phantasievolle Engagement mancher lokaler Gruppen, die sich für Projekte in den Armutsregionen der Welt einsetzen, kritisiert werden. Auch wenn hier manches Projekt gefördert wird, das bei den großen Entwicklungswerken wahrscheinlich durch das Raster ihrer Kriterien gefallen wäre, so ist dieses lokale Engagement doch der Samen, der in der breiten Öffentlichkeit die Themen der Entwicklungszusammenarbeit sprießen lässt.
Auch die kirchlichen Werke wie die Herausgeber von „welt-sichten“ müssen ihre lokale Verantwortung wahrnehmen. Natürlich muss es unser Ziel sein, auch in den überregionalen Medien mit unseren Themen vorzukommen und eigene Themen auf die Agenda zu setzen. Jeder freut sich, wenn er von sich und seinen Positionen und Aktionen in den meinungsführenden Blättern lesen kann. Doch sollten wir nicht gering schätzen, welche Möglichkeiten sich uns in den regionalen und lokalen Seiten der Zeitungen bieten.
Seit Jahren haben wir es uns als Kindernothilfe zur Aufgabe gemacht, der lokalen Presse als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen und sie mit Informationen zu versorgen. Da kann es auch um schöne Bilder gehen wie bei der Verkostung des äthiopischen Kaffees. Zugleich erfährt der Leser aber auch, was die Menschen in Äthiopien selbst leisten, um aus der Armut herauszukommen, und wie der Verkauf des fairen Kaffees die wirtschaftliche Lage ihrer Familien stärkt.
So findet sich immer wieder auch ein Stück Entwicklungspolitik auf den Lokalseiten. Da können Klischees und lang aufgebaute Verhaltensmuster korrigiert werden. Die großen Themen der Entwicklungszusammenarbeit können so lokal geerdet und in die Breite gebracht werden. Das ersetzt nicht die Fachpublikationen und die politische Einordnung und Bewertung dessen, was die Entwicklungszusammenarbeit bewirken kann. Aber gerade weil entwicklungspolitische Themen in der Öffentlichkeit eher geringe Aufmerksamkeit und Resonanz erzeugen, müssen wir auch auf regionaler und lokaler Ebene Präsenz zeigen. Nicht zuletzt kann das den einen oder anderen Leser anregen, nach mehr Informationen zu suchen, die er dann vielleicht bei „weltsichten“ findet.
Neuen Kommentar hinzufügen