„Ein Kühlschrank steht ganz oben auf der Wunschliste"

Das Königreich Swasiland ist eines der ärmsten Länder Afrikas – und hat die modernste Fabrik für Kühlgeräte auf dem Kontinent. Palfridge stellt umweltfreundliche und stromsparende Gefriertruhen und Kühlschränke her, vor allem für den südafrikanischen Markt. Die Mitgründerin und Marketingleiterin Tish Foster erklärt, wie das Geschäft läuft.

Frau Foster, was kostet ein Kühlschrank aus Ihrer Fabrik?

Wir arbeiten mit sehr geringen Gewinnspannen, um konkurrenzfähig zu sein, denn der Markt ist überflutet mit billigen Importen aus Asien. Unsere Geräte sollen umweltfreundlich, aber auch marktfähig sein. Wir mussten Kompromisse machen, etwa dünneres Metall verwenden, um die Kosten zu reduzieren. Einen 220-Liter-Kühlschrank verkaufen wir für umgerechnet etwa 200 Euro.

Das ist viel, wenn man arm ist. 

Ja. Aber Kühlschränke stehen ganz oben auf der Wunschliste der Leute, weil sie ihr Essen frisch halten wollen. Sie können es sich nicht leisten, verdorbene Lebensmittel wegzuwerfen. Zuerst kommt das Bett, dann der Kühlschrank und dann der Fernseher. All das wird auf Kredit gekauft, was das Ganze noch teurer macht. Aber das ist für die meisten Menschen der einzige Weg, sich Dinge anzuschaffen. In unserer Gesellschaft gibt es keine Kultur des Sparens.

Wie viele Menschen erfüllen sich den Traum von einem Kühlschrank?

In Swasiland verkaufen wir etwa 200 Stück im Monat an Privathaushalte und etwa 20 an Imbisse, Kioske und Tankstellen. Ich denke, mindestens 60 Prozent der Familien haben inzwischen einen Kühlschrank. Aber die können zwischen 20 und 30 Mitglieder haben, wir sind ja eine polygame Gesellschaft und die Männer haben mehrere Frauen und entsprechend viele Kinder.

Wer sind denn dann Ihre Hauptabnehmer?

Wir stellen etwa 450 Kühlgerate am Tag her, das macht 120.000 im Jahr. 99,9 Prozent davon gehen nach Südafrika. Swasiland hat auch Handelsabkommen mit anderen Ländern, aber es ist schwierig und teuer, unsere Geräte dorthin zu transportieren. Wir produzieren für große Unternehmen wie Pepsi und Nestlé, die den Verkäufern ihrer Getränke Kühlschränke zur Verfügung stellen. Vor allem Nestlé hat angefangen, großen Wert auf Umweltverträglichkeit zu legen. Aber es ist ein schwieriges Geschäft. Unternehmer reden gerne darüber, Produkte vor Ort einzukaufen und umweltfreundliche Technologie zu bevorzugen. Am Schluss zählen jedoch vor allem die Kosten. Aber wir bieten sehr verlässliche Produkte und haben einen guten Ruf.

Wie unterscheiden sich Ihre Geräte von herkömmlichen Geräten?

Wir sind der einzige Kühlschrankhersteller in Subsahara-Afrika, der keine klimaschädlichen Gase als Kältemittel verwendet, sondern natürliche Kohlenwasserstoffe. Außerdem sind unsere Geräte sehr energieeffizient und sparen Strom. Der Strompreis hat sich in den vergangenen drei Jahren in Swasiland mehr als verdoppelt. Und es wird erwartet, dass er weiter steigt. Man sollte meinen, das hat einen Einfluss, wenn sich jemand einen Kühlschrank kaufen will. Wenn man jetzt 100 Euro mehr bezahlt, wird man in einem Jahr mehr als das gespart haben. Aber nein. Im südlichen Afrika schauen die Leute lieber auf ihren unmittelbaren Nutzen und berücksichtigen nicht die langfristigen Folgen eines Kaufs.

Sind die Kühlschränke aus China denn so viel billiger?

Der billigste kostet etwa 190 Euro. Das sind nur zehn Euro weniger als unser Modell, aber wenn man arm ist, zählt jeder Cent. Swasiland ist eines der ärmsten Länder der Welt. Wir haben eine Arbeitslosenquote von 50 Prozent und die weltweit höchste Zahl von Aidskranken, die Lebenserwartung liegt bei 35 Jahren.  Eine Frau muss durchschnittlich zehn Verwandte satt bekommen. Die Menschen kämpfen um das Überleben, sie machen sich wenig Sorgen um die Umwelt, also den Schaden, den synthetische Kältemittel in der Atmosphäre anrichten. Das ist ein großes Problem.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, umweltfreundliche Kühlschränke herzustellen?

Mein Mann hat die Fabrik 2001 gekauft, der vorherige Besitzer war Pleite gegangen. 2007 hat uns unsere Regierung als Repräsentanten auf eine Konferenz nach Mauritius geschickt, auf der es um zukunftsfähige Kühltechnologie ging. Wir stellten fest, dass wir unsere Produktion umstellen mussten, wenn wir das Unternehmen weiter führen wollten. Auf der Konferenz war auch die GIZ vertreten und wir baten sie um Unterstützung. Ohne diese Hilfe wären wir heute wahrscheinlich am Ende. Unsere Technologie war veraltet, wir hatten keine Zukunft. Sie haben uns beraten und mit finanzieller Unterstützung der deutschen Regierung konnten wir die notwendigen Investitionen tätigen.

Trägt sich die Firma jetzt selbst?

Ja. Die Nachfrage aus Südafrika ist hoch.

Wie viele Beschäftigte haben Sie?

Wir beschäftigen etwa 450 Arbeiterinnen und Arbeiter, bis auf drei kommen alle aus Swasiland. Ein großer Anteil davon sind Frauen, mir liegt sehr daran, Frauen zu mehr wirtschaftlicher Selbstständigkeit zu verhelfen. Das hilft ihnen, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Wir bezahlen etwa 250 Euro im Monat, das ist mehr als doppelt so viel wie der Mindestlohn eines Fabrikarbeiters.

Bilden Sie auch aus?

Wir haben eine Partnerschaft mit einem Institut in Südafrika, das Ingenieure für Kühltechnik ausbildet. Sie kommen in unsere Fabrik, um das praktische Geschäft kennenzulernen. Außerdem haben wir schon 500 Techniker geschult, die unsere Geräte warten und reparieren können, auch in ländlichen Regionen, nicht nur in den Städten. Sie müssen ja in der Lage sein, mit unserer Kohlenstoff-Kältetechnik umzugehen und wir sind die einzigen, die ihnen dieses Wissen vermitteln können. Kühlschränke müssen in Afrika sehr robust sein und bei hohen Außentemperaturen funktionieren. Unsere sind auf mindestens 32 Grad Celsius ausgelegt, sie haben eine Lebensdauer von mindestens 10 Jahren. Die chinesischen Kühlschränke dagegen sind nur für eine Außentemperatur bis zu 25 Grad Celsius konzipiert.

Sie produzieren auch Kühlschränke, die Strom aus Solarenergie beziehen.

Ja, aber Solartechnologie ist noch sehr teuer. Das können sich nur Wohlhabende leisten. Die fangen gerade an, umzudenken, denn Diesel für Generatoren ist teuer und nicht überall erhältlich. Und gerade für ländliche Regionen, die keinen Zugang zu Elektrizität haben, bietet Sonnenenergie viele Möglichkeiten. Wir reden hier von mehr als 400 Millionen Menschen, die keine Stromversorgung haben.

Denken Sie darüber nach zu expandieren?

Wir arbeiten an neuen Technologien. Und zurzeit entwickeln wir zusammen mit der GIZ, deutschen Wissenschaftlern und Ingenieuren ein neues Kühlgerät für Medikamente und Impfstoffe. Es befindet sich gerade in der letzten Testphase und wird in unserer Fabrik hergestellt werden. Es ist einfacher zu bedienen und hat mehr Platz als das Vorgängermodell. Das hatte nur ein Fassungsvermögen von 15 Litern, das neue wird 80 Liter fassen können. Wenn Sie mitten in der Sahara sind und darauf angewiesen sind, Impfstoffe zu kühlen, ist das eine enorme Verbesserung.

Das Gespräch führte Gesine Kauffmann.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2012: Südliches Afrika: Wohlstand nur für wenige
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