Catherine Menon beschreibt in ihrem Debütroman die Wiederbegegnung einer jungen Malaysierin, die in
Kanada studiert hat, mit ihrer Großmutter. Die Geschichte der beiden Frauen liefert ein eindrückliches Bild der malaysischen Gesellschaft und ist spannend bis zum Schluss.
Die titelgebenden „fragilen Monster“ sind in Catherine Menons Roman allgegenwärtig. Es sind Erlebnisse und Erinnerungen, die die Protagonistinnen für immer geprägt haben, die anzusprechen aber in der malaysischen Gesellschaft tabu ist. Die Geschichte spielt in den 1980er Jahren, Erzählungen und Rückblicke reichen aber bis in die Zeit der japanischen Besetzung im Zweiten Weltkrieg zurück.
Ausgangspunkt ist der Besuch der jungen Mathematikerin Durga Panikkar bei ihrer „Ammuma“, ihrer Großmutter, im Bundesstaat Pahang. Dort wuchs Durga bei ihrer Großmutter auf, ihre Mutter lernte sie nie kennen. Ihre Großmutter Mary, Tochter einer Inderin und eines Briten, möchte das indische Lichterfest Diwali mit ihr feiern. Durga hat in Kanada studiert und lebt seit kurzem in der Hauptstadt Kuala Lumpur, wo sie eine Dozentenstelle an der Universität angenommen hat.
Zwischen ihr und ihrer Großmutter tun sich zunächst Welten auf – vor allem, wenn Durga etwas über ihre Mutter erfahren möchte. „In Kanada zählen vor allem die Fakten“, erklärt sie ihrer Freundin Sangeeta am Telefon. „Wer hat was warum wann gemacht. In Pahang gibt es nur vage Erzählungen und Andeutungen.“ Ist das, was erzählt werden könnte, zu traurig, so die stillschweigende Übereinkunft, dann wird es nicht mehr erwähnt, als ob es nie passiert wäre.
Spuren der Vergangenheit
Die Situation wird für die beiden Frauen nicht einfacher, als ein dritter Protagonist dazustößt: Durgas Jugendfreund Tom, mit dem sie unter anderem eine düstere Erinnerung an den Tod einer gemeinsamen Freundin verbindet. Als die Großmutter bei einem von Durga verschuldeten Unfall verletzt wird und sich erholen muss, stößt die Enkelin im Haus ihrer Kindheit auf Spuren der Vergangenheit wie Puppen, Fotos und Briefe. Sie entfachen ihr Interesse an der Familiengeschichte und vor allem an ihrer Mutter weiter – zum Missfallen ihrer Großmutter.
Nicht dass sich die Familiengeschichte synchron mit Durgas Entdeckungen offenbart. Vielmehr wechselt die Autorin Zeiten und Perspektiven, so dass die Lesenden nach und nach erfahren, wie Mary aufgewachsen ist und auch deren Tochter Franziska, Durgas Mutter. Ohne etwas über die Geheimnisse zu verraten, die im Laufe der Geschichte zumindest teilweise aufgedeckt werden, sei so viel gesagt: Es geht um vielerlei Machtgefälle – zwischen Männern und Frauen, zwischen „Herrschaften“ und ihren Dienstboten und zwischen ethnischen Gruppen – von der Kolonialzeit bis heute. Die Autorin hat als Tochter einer Australierin und eines Malaysiers vermutlich auch einige persönliche Erfahrungen darin verarbeitet. Eine spannende und nachdenkliche Lektüre, die nebenbei viel Wissen über das südostasiatische Land vermittelt.
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