Trotz Referendum wird in Ecuador weiter Öl gefördert

Liebe Leserinnen, liebe Leser, 

in Ecuador ist Präsident Daniel Noboa bei einer Stichwahl Mitte April in seinem Amt bestätigt worden. Das freut nicht alle. Vor allem Menschenrechtler werfen Noboa vor, seine "Law-and-Order"-Politik zur Bekämpfung der Gewalt in Ecuador höhle die Demokratie aus. Auch Umweltschützer sind nicht glücklich mit Noboas Kurs. Denn er ignoriert ein Referendum, bei dem im August 2023 60 Prozent der Wahlberechtigten dafür gestimmt haben, die Erdölförderung in einem Teil des Yasuní-Nationalparks einzustellen. Doch von den 247 Bohrlöchern seien bis jetzt nur zehn geschlossen, hat Knut Henkel erfahren. Dabei hatte sich Noboa im Wahlkampf noch für ein Ende der Erdölförderung im Yasuní-Nationalpark ausgesprochen. Doch schon wenige Wochen nach seiner Vereidigung im November 2023 machte er eine Kehrtwende. Es ist mal wieder der alte Konflikt: wirtschaftliche Interessen versus Schutz der Umwelt. Und wie so oft kommt es jetzt auch in Ecuador auf eine starke Zivilgesellschaft an, die für ihre Belange kämpfen muss. 

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre. 

Das bewegt die Redaktion

Nach unserem Heft mit dem Schwerpunkt Friedenskräfte, das ich Ihnen nach wie vor zur Lektüre ans Herz lege, arbeiten wir jetzt an unserer nächsten Ausgabe zum Thema Tourismus. Natürlich wird es darin auch um Schattenseiten wie Overtourism und seine Auswirkungen gehen. Aber unsere Korrespondentinnen und Korrespondenten haben Leute getroffen, für die Tourismus - fernab der Massen - ein Weg aus der Armut und hin zu mehr Gleichberechtigung ist. In Nepal etwa vermieten Frauen ihre Wohnungen und Zimmer an Touristen aus aller Welt. So werden sie von schüchternen Hausfrauen zu selbstbewussten Unternehmerinnen, berichtet Bibek Bhandari. Und Sarah Fernandes schreibt über neue Touren durch Favelas in Rio de Janeiro. Anders als früher, als Touristen in gepanzerten Fahrzeugen durch diese "Armenviertel" gefahren wurden und die Bewohner sich wie Zootiere fühlen mussten, zeigen die Bewohnerinnen und Bewohner heute den Touristen selbst ihr Viertel. Davon profitieren vor allem die Bewohner, aber auch die Touristen, die mit anderen, freundlichen Eindrücken aus den Favelas zurückreisen. Haben Sie noch Vorschläge oder Wünsche, was in das Tourismus-Heft reinsollte? Dann antworten Sie einfach auf diesen Newsletter. 

Neu auf welt-sichten

Am Tisch mit den Großen:  Die Schweiz war von 2023 bis 2024 erstmals Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Sara Hellmüller hat die Zeit wissenschaftlich begleitet und erklärt im Interview, was die Schweiz erreicht hat und wie das gelungen ist.

Syrische Christen unter Druck: Der Anteil der Christen an der syrischen Bevölkerung ist in den vergangenen Jahren stark gesunken. Auch jetzt sitzen viele auf gepackten Koffern, weil sie die neuen Machthaber fürchten. Doch auch zwischen den christlichen Konfessionen gibt es Spannungen, berichtet Katja Dorothea Buck. 

Frieden fördern durch Teilhabe der Kinder: Kinder und Jugendliche zu respektieren und sie in das gesellschaftliche und politische Leben einzubeziehen, ist für ein funktionierendes Miteinander unerlässlich, schreibt Katrin Weidemann, Vorsitzende der Kindernothilfe, in ihrer Herausgeberkolumne. 

Was Sie verpasst haben könnten

Esther Ibanga will, dass das Blutvergießen aufhört: Auf dem Jos-Plateau in Zentralnigeria bekämpfen sich seit Jahrzehnten Christen und Muslime; der ethnisch-religiöse Konflikt fordert jedes Jahr viele Menschenleben. Esther Ibanga bringt christliche und muslimische Frauen zusammen, um das Blutvergießen zu beenden, schreibt Sam Olukoya.

Die neue Koalition gibt deutschen Interessen Vorrang: Es wird wohl keinen Kahlschlag geben, aber sonst sehen Fachleute nicht viel Gutes in den entwicklungspolitischen Plänen der neuen Bundesregierung. Deutsche Interessen stehen künftig im Vordergrund, berichtet Marina Zapf.

Noch immer interessant

Über den Tod von Papst Franziskus wird viel berichtet. Wer könnte sein Nachfolger werden? Wie läuft die Papstwahl ab? Seine Haltung zur Klimakrise hingegen spielt in der Berichterstattung keine große Rolle. Dabei hatte Franziskus in der im Juni 2015 erschienenen Enzyklika "Laudato Si" die Begrenztheit des Planeten betont und Respekt für die Natur angemahnt. Der Wirtschafts- und Sozialethiker Bernhard Emunds hat 2015 im Gespräch mit Bernd Ludermann erklärt, warum die Enzyklika bei den europäischen Katholiken so gut ankam, aber weniger gut bei denen in den USA. Auch Tillmann Elliesen hat 2015 die 220 Seiten gelesen. Er hatte im Gegensatz zu vielen Umwelt- und Entwicklungsverbänden einiges zu kritisieren, vor allem die erzkonservative Zivilisationskritik und den trüben Kulturpessimismus, der die Enzyklika seiner Ansicht nach durchzieht. Seinen Kommentar können Sie hier nochmal lesen. 

Medienschau: Was andere berichten

Wann werden sie es merken? Lya Cuéllar verteidigt die Demokratie in El Salvador gegen die Mehrheit. In "Unbias the News" zeigt die Journalistin, wie Bukele ein riesiges Haftsystem aufgebaut sowie Justiz und Presse attackiert hat und enorm populär ist – bis alle die Folgen spüren. 

China freut sich und füllt die Lücken: Afrikas Pharmaproduktion boomt, und China profitiert davon - als Investor genauso wie als Importeur, berichtet "The Africa Report"

Gesellschaft im Umbruch: Auf dem Blog von "medico international" diskutieren Barbara Unmüßig, frühere Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung, Pirmin Spiegel, bis vor wenigen Monaten Hauptgeschäftsführer von Misereor, und Radwa Khaled-Ibrahim, Referentin für Kritische Nothilfe in der Öffentlichkeitsarbeit von medico, über Hilfe und die Zukunft der Zivilgesellschaft.  

Podcast-Tipp - Das Land ohne Armee: Costa Rica hat 1948 sein Militär abgeschafft. Carlos Alvarado Quesada, Präsident des Landes bis 2022, erklärt im Podcast der World Peace Foundation, wieso das dem Land sehr genutzt hat – auch seiner Sicherheit und dem inneren Frieden. In Lateinamerika, betont er, haben Armeen kaum je Krieg geführt, wohl aber geputscht; sie seien in erster Linie eine Gefahr für die Demokratie.

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Drohnen sind nur selten entscheidend: Kampfdrohnen verändern auch in Afrika zunehmend die Kriegführung. Sie bringen aber nur selten einer Seite entscheidenden militärischen Vorteil, findet eine neue Studie der SWP und erklärt, warum. Bernd Ludermann stellt sie vor.

Wie Zahlen lügen: Indiens Waldfläche wächst, sagt die Regierung – sie schrumpft stark, sagen Fachleute. Den Widerspruch erklären sie in "Dialogue Earth" unter anderem damit, wie „Wald“ definiert wird, auch zu politischen Zwecken. So zählt der Staat zum Beispiel Plantagen mit. 

Was reiche Golfstaaten Afrika bieten: Drei Golfstaaten bauen ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika südlich der Sahara aus. Ein neues Papier, das sich Bernd Ludermann angesehen hat, beschreibt ihr Vorgehen und sieht sie im Wettbewerb mit der EU.

Ausblick: Was nächste Woche ansteht

Besuch beim Kirchentag: Vom 30. April bis 4. Mai verspricht der Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover ein abwechslungsreiches und interessantes Programm. Bekannte Personen aus Politik und Gesellschaft diskutieren die großen Themen unserer Zeit, auf dem Markt der Möglichkeiten kann man sich informieren, und Gebete und Andachten gibt es natürlich auch. Informationen zum Programm, Tickets und die Kirchentags-App gibt es hier. 

Wer nicht zum Kirchentag gefahren werden will, sondern selbst fahren will, kann sich der von Brot für die Welt organisierten Fahrradtour nach Hannover anschließen. Sie startet am 30. April von Hildesheim aus. 

Und noch ein anderer Tipp: In Frankfurt am Main wird am Montag, 5. Mai, abends über "Deutschlands Entwicklungszusammenarbeit unter Druck" diskutiert. Die Podiumsdiskussion kann auch über Livestream verfolgt werden. Alle Infos zur Veranstaltung und zur Anmeldung gibt es hier. 

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