Ruandas Krieger im Kongo stoppen

Liebe Leserinnen und Leser,

im Windschatten der Tumulte in den USA ist im Osten des Kongo der Krieg wieder eskaliert: Die Rebellengruppe M23 hat die Stadt Goma an der Grenze zu Ruanda erobert und dringt weiter südlich vor. Das kann sie nur, weil Ruanda sie unterstützt – auch mit Tausenden eigenen Soldaten. Ruandas Staatschef Paul Kagame rechtfertigt das mit Sicherheitsproblemen. Aber das kleine Land plündert im Ostkongo auch seit langem Rohstoffe wie Coltan. Trotzdem ist die Europäische Union vor einem Jahr eine Rohstoff-Kooperation mit Ruanda eingegangen; das war schon damals ein Skandal, schreibt Frederic Mousseau. Jetzt aber sind Sanktionen gegen das Land überfällig, kommentiert er. Europa und die USA haben Mittel, Einfluss auf Ruanda zu nehmen und zumindest die Eskalation zu stoppen; hoffen wir, dass sie die endlich nutzen.

Anregende Lektüre wünscht

Tagebau auf einem Hügel, Arbeiter schleppen Säcke oder arbeiten an großen Becken, hinten jenseits eines Tales grüne Hügel.
Das bewegt die Redaktion

In den USA spielen sich Vorgänge ab, die einem den Atem verschlagen. Junge Anhänger von Elon Musk kapern illegal streng geheime Regierungsdaten und zerstören Behörden wie die für Entwicklungshilfe (USAID) und für Umweltschutz (EPA). Der Vizepräsident spricht der Justiz das Recht ab zu entscheiden, wo die Regierung ihre Befugnis überschreitet. Da passiert ein Staatsstreich, sagen manche Beobachter. Ein anderer nennt es state capture und vergleicht das Vorgehen mit dem von Wladimir Putin und Viktor Orban sowie ihren Oligarchen. Klar ist, dass superreiche Investoren und Chefs von global tätigen Tech-Konzernen jetzt mit rechtsextremen Strömungen im  Machtzentrum der USA sitzen und dass beide unter Missachtung des Rechts den Staat aushöhlen und in Dienst nehmen. Wieweit das gelingt, ist offen, zumal die USA damit wohl der eigenen Wirtschaft schaden. Doch es hat weltweit Folgen. Donald Trump dreht Klimaschutz zurück, und ohne den zweitgrößten Emittenten kann man die Erderwärmung nicht bremsen. Er schlägt die Vertreibung der Bevölkerung aus dem Gazastreifen vor und legitimiert damit ethnische Säuberungen. Er sanktioniert Mitarbeitende des Internationalen Strafgerichtshofs und zwingt Kolumbien und Mexiko mit Zöllen, ihre Migrationspolitik zu ändern.

Offenbar setzt die neue US-Regierung auch nach außen allein auf einseitigen Zwang statt auch auf internationale Regeln und Kooperation. Die neuen Machthaber scheinen aber nicht einig, ob die USA sich in die eigene Festung zurückziehen oder aggressiv die Rolle als alleinige globale Führungs- und Gestaltungsmacht beanspruchen sollen. Zu erwarten ist beides zugleich. Für die New York Times sind die USA nun ein Imperium, das freiwillig seine internationale Akzeptanz und damit die eigene sanfte Macht zerstört. Davon wird China profitieren und die US-Vormacht weiter aushöhlen. Zwar machen die meisten anderen Regierungen bisher gute Miene zum bösen Spiel in der Hoffnung auf die Gunst des Herrn im Weißen Haus. Aber mittelfristig sind taktische Gegenbündnisse von Staaten im Süden zu erwarten – hoffentlich unter Beteiligung Europas. In jedem Fall beschleunigt sich der Wandel der globalen Ordnung. Das Bild ist jetzt unklar und verwirrend. Das muss Anlass sein, neu nachzudenken und auch lieb gewordene Selbstbilder zu hinterfragen – nicht zuletzt das von unserer Wertegemeinschaft des demokratischen Westens.

Neu auf "welt-sichten"
Frauen mit kleinen Kindern auf dem Schoß warten im Ostkongo auf eine Impfung gegen Mpox; ein afrikanischer Arzt mit Mundschutz, blauem Plastikkittel und weißen Handschuhen verabreicht einem der Kinder den Impfstoff.

Afrika wappnet sich gegen Seuchen: Der Kontinent hat sich nach der Corona-Pandemie besser auf Epidemien vorbereitet. Das hat unter anderem beim jüngsten Ausbruch von Mpox schon geholfen, berichtet Sara Jerving im Schwerpunkt unseres neuen Heftes.

 

Trommelfeuer: Konservative Europaabgeordnete setzen ihre Kampagne gegen Umweltorganisationen fort. Die EU-Kommission gibt ihnen zunehmend nach, kritisiert Tillmann Elliesen.

Kein Geld mehr für die HIV-Medikamente: Die Bekämpfung von HIV/Aids ist in Uganda eine Erfolgsgeschichte. Nach dem Stopp der US-Entwicklungshilfe droht ihr nun ein herber Rückschlag, schreibt Bettina Rühl.

Auch keins mehr für Bangladesch: Die Schweiz hat entschieden, wo sie in der Entwicklungszusammenarbeit sparen wird. Unter anderem werden drei Länderprogramme geschlossen und Beiträge an multilaterale Organisationen gekürzt oder eingestellt, berichtet Samanta Siegfried.

Entwicklungspersonal entbehrlich? Die EU-Kommission überlegt, in ihren Auslandsdelegationen die Entwicklungspolitik neu zu organisieren. Das könnte den Beitrag der EU zum Kampf gegen Armut und Hunger in den ärmsten Ländern weiter schwächen, schreibt Tillmann Elliesen.

Was Sie verpasst haben könnten

Vom Alltag in Somalia: Im Kino läuft derzeit "The Village Next to Paradise", der erste Langspielfilm des somalisch-österreichischen Filmemachers Mo Harawe. "Ich wollte zeigen, dass auch in Somalia Menschen ihr ganz normales Leben führen, arbeiten oder in die Schule gehen", sagt Harawe im Interview mit unserer Wien-Korrespondentin Milena Österreicher.

Die Mutter aller Probleme? Während Merz, Söder, Weidel und Co Angst schüren vor Migration, erklärt die Entwicklungsökonomin Paddy Siyanga Knudsen im Interview mit Bernd Ludermann, wie sie gesteuert werden sollte, so dass sie ein Gewinn für Zuwanderer, Herkunfts- und Zielländer ist.

Noch immer interessant

Trennung vollzogen: Heute tritt der Austritt der drei Sahelländer Burkina Faso, Mali und Niger aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft in Kraft. Ob der Austritt ihre Lage noch schwieriger macht und was Deutschland noch tun kann, habe ich vor einem Jahr die Parlamentarische Staatssekretärin im BMZ Bärbel Kofler gefragt.

Medienschau: Was andere berichten

Falsches Ende: USAID so abzuwickeln, wie Trump und Musk das derzeit tun, ist ein Problem. Aber USAID ist auch ein Problem; der humanitär-industrielle Komplex ist ein Mittel der Interessenpolitik, so africasacountry. Zeit, über neue Formen von Hilfe und Solidarität nachzudenken.

Religion statt Politik: Donald Trump ist, obwohl kein bisschen fromm, Führer einer religiösen Bewegung, sagt der Journalist Jeff Sharlett. Die wurzelt in der Mission von sehr Reichen und Mächtigen in den USA, allen Ländern starke Führer zu bringen, was angeblich Gott gefällt. Ein Podcast mit aufschlussreichen Anekdoten aus der rechten Bewegung in den USA.

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Veredeln statt roden: Statt alte, ertragsarme Kakaopflanzen zu ersetzen, kann man sie durch Veredelung wieder produktiver machen. Das ist ähnlich wirksam und schont tropische Wälder, so eine aktuelle Studie. Barbara Erbe stellt sie vor.

Einblick in eine irre Elite: Fünf Superreiche mieten einen marxistischen Professor, damit er ihnen sagt, wie sie den Weltuntergang überleben, den sie selbst mit anrichten. Fiktion? Nein, ist mir so passiert, schreibt David Rushkoff und zeigt daran, wie die Techno-Elite in den USA tickt. Ein Augenöffner.

Ausblick

Ein Zeichen setzen: Es ist Wahlkampf und kaum jemand redet über Klimapolitik. Fridays for Future wollen das ändern und rufen für morgen, 14.2., zu einem „Klimastreik“ auf. In vielen deutschen Städten gibt es Demonstrationen – wo genau und was gefordert wird, ist hier zu finden. Ich jedenfalls will hingehen.

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!