Liebe Leserinnen und Leser,
wenn an Weihnachten auch Avocados auf Ihrem Speiseplan stehen, dann stammen die möglicherweise aus Kenia. Das ostafrikanische Land gehört zu den zehn größten Avocado-Erzeugern weltweit und hat dafür gute natürliche Bedingungen. Wie dort die Früchte angebaut werden und dann zu uns kommen, hat sich Ismail Einashe angeschaut. Bauern haben ihm berichtet, dass Klimaänderungen sie zwingen, mehr Pestizide einzusetzen, und dass Exportfirmen einen Großteil des Gewinns einstecken. Doch anders als etwa in Mexiko dringen hier nicht große Avocado-Plantagen vor – Kleinbauern kultivieren die Frucht.
Dieser Newsletter ist unser letzter vor der Weihnachtspause; den nächsten versenden wir am 9. Januar. Die Redaktion wünscht allen Leserinnen und Lesern ein frohes und vor allem friedliches Weihnachtsfest, ein bisschen Zeit zum Schmökern und ein gutes neues Jahr.
Berichte aus Entwicklungsländern waren noch nie starke Quotenbringer – ausgenommen manche mit Bildern von großen Katastrophen. Inzwischen aber herrscht Krisenstimmung bei vielen, die, wie wir auch, mehr oder weniger spezialisierte Informationsmedien zu Ländern des globalen Südens herausbringen. Die haben seit den 1980er Jahren dazu beigetragen, dass diese Länder auch in großen deutschen Medien stärker beachtet wurden. Aber dort nehmen Umfang und Qualität der Auslandsberichterstattung wieder ab. Wie damit umgehen? Dazu hatten das iz3w, die Informationsstelle Südliches Afrika, das Zimbabwe-Netzwerk und „welt-sichten“ zu einer Online-Veranstaltung am 17. Dezember eingeladen. Die große Beteiligung hat gezeigt: Das Thema brennt vielen unter den Nägeln. Dabei ist das Problem nicht, dass sich das Publikum nicht mehr fürs Ausland interessiert, betonte Leonie March, die als freie Journalistin aus dem Südlichen Afrika berichtet – das Problem seien Strukturen der Medienhäuser: Redaktionen werden fusioniert, haben weniger Geld für Fachleute, Korrespondenten und Hintergrundberichte, orientieren sich an sozialen Medien und scheuen komplexere Geschichten. Wir machen das bewusst anders und leisten uns Korrespondentinnen, erklärte Christian Jakob von der „taz“. Nur von dem, was wir zahlen, könnten die aber nicht leben. Und „taz“-Leser wollten gerade kritische Auslandsberichte, seien aber eine „überschaubare“ Gruppe. Wie können wir alle uns künftig am besten für Eine-Welt-Themen einsetzen, mit dem Trend zum Digitalen umgehen und knappe Finanzen aufbessern? Ein Patentrezept hat niemand, Experimente sind gefragt – und finden ja auch schon statt. Der Austausch geht weiter.
Erster Schritt: Indien überarbeitet das Strafgesetzbuch und setzt damit ein Signal gegen die grassierende Gewalt gegen Frauen. Doch bis sich Frauen sicher fühlen können, muss noch viel mehr passieren – bei Justiz und Polizei, aber auch in der Gesellschaft, schreibt Antje Stiebitz.
Widersinnig: Die EU-Kommission zeichnet Journalistinnen aus, die die Verbrechen gegen Flüchtlinge und Migranten aufdecken, für die sie mitverantwortlich ist: Brüssel duldet Pushbacks, nun sogar offiziell. Makaber, kommentiert Tillmann Elliesen.
Die Hirten rufen zum Ungehorsam: Kenias Kirchen werfen Präsident William Ruto vor, das Volk zu belügen und falsche Versprechen zu machen. Die Bevölkerung müsse sich gegen unfähige Parlamentarier wehren und der Korruption ein Ende setzen, berichtet Katja Dorothea Buck.
Keine Kohle mehr: Kolumbiens Präsident Gustavo Petro, seit gut zwei Jahren im Amt, will sein Land unabhängiger machen von Rohstoffen wie Öl, Gas und Kohle. Das Land soll stärker auf erneuerbare Energien, die Verarbeitung von Agrarprodukten und den Tourismus setzen. Welche Hürden in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für einen solchen Umbau zu überwinden sind, erklärt die frühere kolumbianische Ministerin für Bergbau und Energie, Irene Vélez Torres, im "welt-sichten"-Interview.
Am Ende Gerechtigkeit? In Simbabwe sollen nun endlich die Morde am Volk der Ndebele vor vierzig Jahren aufgeklärt werden. David Bruckmeier hat recherchiert, was Überlebende und Nachkommen der Opfer dazu sagen.
Impfen reicht nicht: Die mysteriöse Krankheit, die in der Demokratischen Republik Kongo in kurzer Zeit über hundert Tote gefordert hat, hat sich als eine schwere Form der Malaria erwiesen. Malaria kann man eindämmen, wenn es das nötige Geld gibt, hat meine Kollegin Melanie Kräuter vor anderthalb Jahren betont, und neue Impfstoffe können helfen. Schon vor acht Jahren hat Tillmann Elliesen festgestellt, was dennoch am wichtigsten ist im Kampf gegen den Parasiten: Armut bekämpfen und die Lebensbedingungen verbessern. Das gilt noch immer.
Gambia geht voran: Das kleine arme Land will die Plastikflut eindämmen und etwa Einwegflaschen verbieten – aber es muss an die Sammler denken, die jetzt von Müll und Recycling leben. Eine tolle Reportage im "Guardian" schildert, wie das gehen soll.
Ein neuer Staat? Der kommende US-Präsident Donald Trump könnte Somaliland als eigenes Land anerkennen – auch weil er sich politisch und wirtschaftlich etwas davon verspricht. Wie wahrscheinlich das ist, und welche Auswirkungen dieser Schachzug in der Region hätte, beschreibt "Semafor".
Podcast-Tipp: Hanna Tetteh kennt die Mühen der Diplomatie, sie war unter anderem Außenministerin Ghanas und UN-Sondergesandte für das Horn von Afrika. Im Podcast der Crisis Group skizziert sie, wie die UN, die Afrikanische Union und Regionalorganisationen trotz Großmachtkonflikten Frieden in Afrika fördern können. Spannend ist ihre Schilderung der Demokratisierung in Ghana, die sie mitgestaltet hat: Gewählt wurde zuerst auf lokaler Ebene, das hat den Erfolg ermöglicht.
Großbetriebe dominieren die Aquakultur: Speisefisch und Garnelen stammen zunehmend aus riesigen Zuchtbetrieben. Dieses Business ist stark konzentriert und ökologisch wie sozial schädlich, so eine neue Studie von Grain. Ich stelle sie vor.
Gipfelmanie: Klimawandel, Artensterben, Wüstenbildung, Wassermangel – für jedes Thema gibt es eigene Gipfelkonferenzen und müssen Staaten eigene Pläne machen. Das finden Entwicklungsländer eine sinnlose Belastung, die Fragen gehörten zusammen behandelt, berichtet "PassBlue".
Mehr Gerechtigkeit in der Klimapolitik: Die Länder des globalen Nordens nehmen bei ihren Versuchen, die Klimakrise zu überwinden, die Auswirkungen ihrer Politik auf den Süden kaum wahr, kritisieren die 25 Autorinnen und Autoren dieses interessanten Sammelbandes zum „Grünen Kolonialismus“. Unser Rezensent Frank Braßel empfiehlt das Buch.