Punk's not dead in Nairobi

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Punk lebt, auf jeden Fall in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Dort spielt die Band Crystal Axis einen sehr soliden und ausgefeilten Punkrock und gibt der Jugend des Landes eine Stimme. Denn in vielen ihren Songs widmen sich die fünf Musiker gesellschaftlichen und politischen Themen wie Machtmissbrauch und Polizeigewalt. No future? Mit diesem alten Schlachtruf der Punkbewegung haben Crystal Axis nichts am Hut. Gitarrist Djae Aroni sagt, ihr Ziel sei es, einen sicheren Raum für die kenianische Rockjungend zu schaffen, damit die ihren eigenen musikalischen Weg finden kann. Unser Autor Ismail Einashe stellt die Band in seinem Beitrag vor. Viel Spaß beim Lesen - und beim Hören!

Das bewegt die Redaktion

Morgen endet offiziell die UN-Klimakonferenz in Baku, aber Beobachter gehen davon aus, dass die Verhandler nachsitzen müssen, weil zu viele Fragen noch strittig sind. Die meisten Fachleute sind ohnehin skeptisch, dass diese Konferenz in der Hauptstadt des Öl- und Gasstaates Aserbaidschan dem Klimaschutz Schub geben wird. Apropos Öl und Gas: Einen Dämpfer - zumindest aus Sicht von Klimaaktivisten - gab es bereits vergangene Woche, als ein niederländisches Gericht den Ölkonzern Shell von der Verpflichtung freisprach, seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 45 Prozent zu reduzieren. Das Gericht kassierte damit ein älteres Urteil aus niedrigerer Instanz unter anderem mit der Begründung, der Konzern könne nicht für die Emissionen der Verbraucher von Shell-Produkten verantwortlich gemacht werden, also etwa der Autofahrer, die täglich Shell-Benzin tanken. Das war tatsächlich ein heikler Punkt des ursprünglichen Richterspruchs, mit dem der Konzern zu mehr Klimaschutz verdonnert wurde. Denn letztlich saßen da ja die Kundinnen und Kunden des Konzerns mit auf der Anklagebank - also irgendwie wir alle - und das Urteil lautete: Fahrt weniger Auto!

Neu auf "welt-sichten"

Klimaschutz und Glaube: Während also die Verhandlungen in Baku kaum vorankommen, wächst das Engagement von Religionsgemeinschaften für den Klimaschutz. In Pakistan ist die Luftverschmutzung ein Anstoß dafür, berichtet Katja Dorothea Buck.

Der falsche Weg zum Artenschutz: Die Industrieländer suchen mehr Geld von Unternehmen für den Erhalt der Biodiversität. Besser wäre es, Landrechte lokaler Gemeinschaften zu schützen und umweltschädliche Subventionen umzuwidmen, meint Bernd Ludermann.

Noch eine Initiative gegen Hunger: Die G20-Staaten haben auf ihrem Gipfeltreffen Anfang der Woche eine neue Allianz zur Überwindung von Hunger und Armut geschlossen. Was dahinter steckt, erklärt Stig Tanzmann von Brot für die Welt im Interview.

Schiefes Afrikabild: Eine Analyse zeigt, dass Afrika in österreichischen Schulbüchern oft als rückständig und ohnmächtig dargestellt wird. Eine Verlagsmitarbeiterin gelobt Besserung. Milena Österreicher berichtet.

Urteil in Brasilien: Vor sechs Jahren wurden die Stadträtin von Rio de Janeiro, Marielle Franco, und ihr Fahrer ermordet, jetzt wurden zwei Männer als Mörder verurteilt. Das hat die Diskussion um politische Gewalt im Land neu entfacht. Eine neue Folge unserer Rubrik "Was tut sich in ...?"

Was Sie verpasst haben könnten

COP und Anti-COP: Vor Beginn der UN-Klimakonferenz COP 29 in Baku haben sich im mexikanischen Oaxaca Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt zu einer Anti-COP getroffen. Charlotte Kehre von der Organisation Debt for Climate hat im Interview erklärt, was es damit auf sich hat.

Fluchtpunkt Zypern: Als kleiner EU-Staat kämpft der Inselstaat im Mittelmeer seit einigen Jahren mit einem überlasteten Asylsystem und wird zum Brennpunkt für Europas scheiternde Flüchtlingspolitik, berichtet Markus Schauta. 

Noch immer interessant

Alle reden diese Woche von 1000 Tagen Krieg, wir nicht: Der Krieg im Sudan dauert heute 587 Tage, also etwa halb so lang wie Russlands Angriff auf die Ukraine. Wenn er denn auch halb so viel Aufmerksamkeit der Politik und der Medien bekäme, wäre das schon was, tatsächlich ist es aber nur ein Bruchteil. Das Leid der Sudanesinnen und Sudanesen hingegen ist keinen Deut kleiner als das der Ukrainerinnen und Ukrainer. Wir haben in den vergangenen 587 Tagen immer wieder in den Sudan geblickt und uns mit den Ursachen des Krieges befasst, mit den katastrophalen Folgen für die Zivilbevölkerung sowie mit deren Selbsthilfekräften, mit dem Schicksal sudanesischer Künstlerinnen und Künstler und eben mit der fatalen Ignoranz der internationalen Gemeinschaft. Immer noch aufschlussreich!

Medienschau: Was andere berichten

Und Noam Chomsky hat doch recht: Der 95-jährige Linguist kritisiert die Außenpolitik seiner Heimat USA seit Jahrzehnten scharf. Jetzt hat er seine wichtigsten Thesen noch einmal in einem Buch zusammengefasst, das Stephen M. Walt in "Foreign Policy" bespricht. Walt, ein sogenannter außenpolitischer Realist, stimmt Chomsky in wesentlichen Punkten zu - und räumt ein, dass er sich das zu Beginn seiner Karriere vor 40 Jahren nicht hätte vorstellen können.

Keine Gefahr für Superreiche? Die 20 größten Industrie- und Schwellenländer der G20 haben eine wirksamere Besteuerung schwerreicher Personen beschlossen. Viele sehen das als großen Erfolg und frohlocken, dass dadurch frisches Geld für Klimaschutz und Entwicklung frei wird. Aber vieles in dem G20-Beschluss bleibt nebulös, so dass die Freude vielleicht zu früh kommt, berichtet Elissa Miolene in "Devex".

Lieber "Made in China": Viele Afrikanerinnen und Afrikaner bevorzugen Konsumgüter, Handys etwa, aus China statt aus westlichen Industrieländern. Der Grund: Chinesische Hersteller passen sich flexibler den Bedürfnissen ihrer afrikanischen Kundinnen und Kunden an, berichtet Heiner Hoffmann im "Spiegel".

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Was tun mit Europas CO2-Abgabe? Ab 2026 erhebt die Europäische Union Gebühren auf Importgüter, die weniger klimafreundlich hergestellt wurden als vergleichbare EU-Produkte. Dieser sogenannte CO2-Grenzausgleichmechanismus betrifft auch ärmere Länder. Wie die darauf reagieren sollten, erklärt eine neue Studie des entwicklungspolitischen Thinktanks ECDPM

Nachhaltige Ernährung beginnt lokal: Das ist der Titel des zweiten Berichts der vor vier Jahren gegründeten Schweizer Allianz für nachhaltige Ernährung weltweit, der sechs Schweizer Hilfswerke angehören, darunter "welt-sichten"-Mitherausgeber Fastenaktion. Der Bericht wertet Daten aus 28 Ländern aus und zeigt: Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Landwirtschaft wirkt.

Ausblick

Solidarität und Demokratie quo vadis? Vor 30 Jahren endete mit den ersten demokratischen Wahlen in Südafrika das Apartheidregime dort. Die internationale Solidaritätsbewegung hat maßgeblich zum Sturz der Rassisten in Südafrika beigetragen. Was ist davon geblieben in einer Zeit, in der an vielen Orten der Welt die Demokratie unter Druck gerät? Wie könnte eine zeitgemäße Solidaritätsbewegung gegen die rechtspopulistische Bedrohung aussehen? Um diese Fragen geht es auf einer Tagung  mehrerer kirchlicher Organisationen in der Evangelischen Tagungsstätte Bad Boll am 6. und 7. Dezember. Weitere Infos und Anmeldung hier.

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!