Dubai - Es war ein Überraschungserfolg, gleich zu Beginn der UN-Klimakonferenz (COP28). Die Eröffnungszeremonie war gerade vorbei, da verkündete Konferenz-Präsident Sultan al-Dschaber schon den Start des Fonds für klimabedingte Schäden und Verlusten. Bereits am ersten Tag war damit eines der wichtigsten Streitthemen vom Tisch. Al-Dschaber sprach von einem „historischen Erfolg“.
Der Fonds stand seit Jahren auf der Wunschliste von Entwicklungsländern. Nun können sie mit Unterstützung rechnen, wenn sie von Fluten, Stürmen oder Dürren getroffen werden. Als Gastgeber sagten die Vereinigten Arabischen Emirate direkt 100 Millionen US-Dollar zu, wie auch die Bundesregierung.
Doch zur Halbzeit des zweiwöchigen Gipfels am Donnerstag verpufft die Euphorie des Auftakts - auch weil Al-Dschaber den Ruf nicht loswird, die Interessen der Öl- und Gasindustrie zu vertreten.
Bereits die Ernennung des Chefs des staatlichen Öl-Konzerns Adnoc zum Konferenz-Präsidenten sorgte für Kritik. In Dubai präsentiert sich der 50-Jährige nun stets im traditionellen weißen Kandora und inszeniert sich als Macher. Diese Klimakonferenz werde anders sein als bisherige Gipfel, betont er und verspricht konkrete Ergebnisse.
Und tatsächlich: Die Einigung auf den Fonds für klimabedingte Schäden und Verluste war ein Durchbruch, mit dem kaum jemand so früh gerechnet hatte. Auch dass mit den VAE erstmals ein Öl-exportierender Golfstaat Geld für die Klima-Hilfen lockermacht, ist ein Novum. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einer „wichtigen Weichenstellung“.
Dahinter verbarg sich wohl auch die Hoffnung, dass aufstrebende Industrienationen wie China und weitere Golfstaaten Geld geben. Doch der Ruf wurde nicht erhört. Kein einziges Schwellenland sei nachgezogen, kritisiert Sabine Minninger, Klimaexpertin von „Brot für die Welt“.
Auch die bisher zugesagte Gesamtsumme von mehreren hundert Millionen US-Dollar sei viel zu wenig. Der Bedarf liege bei 150 Milliarden Dollar. „Der ganz große Wurf kommt jetzt nicht mehr“, sagt Minninger.
Dafür gab die Konferenzpräsidentschaft fast täglich neue Finanztöpfe, Absichtserklärungen und Deklarationen bekannt. Über 57 Milliarden US-Dollar sind laut dem COP-Präsidenten für diverse Themen zusammengekommen. Mehr als 100 Staaten kündigten etwa an, die Kapazität erneuerbarer Energien bis 2030 weltweit zu verdreifachen.
Zu der Flut an Vorhaben äußern sich Umweltschützer skeptisch. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die COP28 keine Handelsmesse und keine Pressekonferenz ist, sondern eine internationale Verhandlung“, sagt etwa der Direktor der Denkfabrik „Powershift Africa“, Mohamed Adow.
Auch Minninger warnt: „Das tägliche Feuerwerk an Deklarationen darf nicht davon ablenken, dass es im Maschinenraum nicht wirklich weitergeht.“ Es sei unklar, welche der Absichtserklärungen es überhaupt verbindlich in die Abschlusserklärung schafften. „Am Ende wird der Erfolg daran bemessen, ob wir aus Öl, Gas und Kohle aussteigen“, betont die Klimaexpertin.
Ausgerechnet hier nährte ein Medienbericht die Zweifel am COP-Präsidenten. Bei einer Online-Veranstaltung mit UN-Vertretern soll Al-Dschaber laut Recherchen des britischen „Guardian“ bestritten haben, dass die Notwendigkeit eines Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen für die Erreichung des Pariser 1,5-Grad-Ziel wissenschaftlich belegt sei.
Al-Dschaber erschien daraufhin sichtlich verstimmt vor der Presse und sprach von einer „Fehlerinterpretation“. Er habe immer wieder gesagt, dass ein Herunterfahren und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unvermeidbar seien, betonte Al-Dschaber. Der Übergang müsse jedoch geordnet, fair, gerecht und verantwortungsvoll vollzogen werden.
Doch es sind solche Sätze, die Raum für Interpretation lassen. Denn die Treibhausgasemissionen müssen laut Weltklimarat bereits bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 sinken, wenn das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite bleiben soll. Viel Zeit bleibt also nicht mehr.
Und so ist der Druck groß zum Beginn der zweiten Woche. Denn in Erinnerung bleibt das Ende der Konferenz, nicht der Anfang.