Berlin - Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dringen nach der kurzfristigen Absetzung der Abstimmung über das Lieferkettengesetz auf einen baldigen neuen Termin im Bundestag. Er gehe davon aus, dass das Gesetz im Juni verbschiedet wird, sagte Müller am Dienstag in Berlin. „Alles andere wäre fatal.“ Das Gesetz sei ein erster Schritt zu fairem Handel. Heil sagte, man werde über Details noch verhandeln. Der Arbeitsminister betonte gleichzeitig: „Wir verlangen nichts von Unternehmen, was nicht leistbar ist.“
Das Lieferkettengesetz soll Unternehmen verpflichten, bei ihren internationalen Partnern auf die Einhaltung von Menschenrechten und auf Umweltschutzkriterien zu achten. Kommen die Firmen dieser Sorgfalt nicht nach, drohen Zwangs- und Bußgelder. Unternehmen, die Ausbeutung billigend in Kauf nehmen, können laut Entwurf zudem bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. In Kraft treten soll das Gesetz in zwei Schritten: Ab 2023 soll es für die etwa 600 großen Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten gelten, ab 2024 für insgesamt knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.
Eigentlich sollte das Gesetz an diesem Donnerstag abschließend im Bundestag beraten werden. Am Dienstag wurde es wieder von der Tagesordnung genommen. Entwicklungsminister Müller sagte, es gebe letzte Abstimmungsgespräche über die Frage der zivilrechtlichen Haftung. Der mit dem Bundeswirtschaftsministerium ausgehandelte Kompromiss sehe vor, diese nicht auszuweiten.
Lieferkettengesetz darf nicht weiter abgeschwächt werden
Auf Müllers Initiative geht das Gesetz maßgeblich zurück. Gemeinsam mit Heil hatte er einen Vorschlag vorgelegt, der mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in zähen Verhandlungen abgestimmt und letztlich vom Kabinett gebilligt wurde. Der Arbeitsminister unterstrich, er sei überzeugt von der Richtigkeit der Regelung: „Wir können unseren Wohlstand nicht dauerhaft auf der Ausbeutung von Menschen in anderen Teilen der Welt aufbauen.“ Müller sagte, die Menschen in Marokko, Äthiopien oder Ägypten, „die für unsere Kleider arbeiten, können und dürfen wir nicht ausbeuten mit Hungerlöhnen von 15 Cent“.
Auch im Parlament geht man davon aus, dass das Lieferkettengesetz verschoben, nicht aber aufgehoben ist. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese Frage zeitnah geklärt und das Gesetz im Juni beschlossen wird“, sagte der SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe dem epd. Auch aus der Grünen-Fraktion war zu hören, dass man weiter mit einer Verabschiedung des Lieferkettengesetzes bis zur Bundestagswahl rechnet. Nach dieser bleiben für diese Wahlperiode noch zwei Sitzungswochen im Bundestag, um das Gesetz zu verabschieden.
Der Linken-Abgeordnete Michel Brandt (Linke), warnte davor, die Regeln im Gesetz nochmals abzuschwächen. „Das ohnehin viel zu schwache Sorgfaltspflichtengesetzes darf mit keinem weiteren Tropfen verwässert werden“, erklärte er. Bei Verstößen brauche es eine umfangreiche zivilrechtliche Haftung. Die „Initiative Lieferkettengesetz“, der das Gesetz nicht weit genug geht, erklärte: „Wenn das Lieferkettengesetz wirken soll, darf es nicht weiter abgeschwächt, sondern muss nachgeschärft und zügig verabschiedet werden.“