Ein Jahr Ebola im Kongo: Gewalt als Nährboden für die Epidemie

Vor einem Jahr gab die kongolesische Regierung den Ausbruch von Ebola im umkämpften Osten des Landes bekannt. Mit mehr als 1.700 Toten ist es eine der schwersten Ebola-Epidemien in der Geschichte. Gestoppt ist sie noch längst nicht.

Frankfurt a.M., Goma (epd). In Zeiten von Ebola trifft auch die Kirche Vorsichtsmaßnahmen. Vor der Messe ist Händewaschen Pflicht. Dafür sollen Gläubige die bereitgestellten Becken mit Chlorwasser verwenden, verfügte die katholischen Diözese Goma Mitte Juli. Zudem wird jetzt im Gottesdienst darauf verzichtet, die Hand zum Friedensgruß zu reichen.

Nur wenige Tage vor dem Schreiben war in der ostkongolesischen Metropole Goma mit rund einer Million Einwohnern der erste Ebola-Fall aufgetaucht. Nach Goma hatte die Krankheit ein Pfarrer gebracht, der in der weiter nördlich gelegenen Region Butembo, dem Krisenherd der Epidemie, seine Hände auf mehrere Kranke gelegt hatte. Obwohl er bereits Symptome entwickelte, stieg er in einen Bus und fuhr nach Goma. Wenig später starb er. Auf der Fahrt wurden die Passagiere zwar an drei Checkpoints kontrolliert, mit denen eine Ausbreitung der Krankheit verhindert werden soll. Die Erkrankung des Mannes war aber offenbar nicht erkennbar - und er soll bei jeder Kontrolle einen anderen Namen genannt haben.

Goma gilt als einschneidendes Ereignis

Der Fall in Goma gilt als einschneidendes Ereignis, seit die kongolesische Regierung am 1. August 2018 den Ausbruch von Ebola verkündete. Seither wurden mehr als 2.600 Fälle bekannt. Rund 1.750 Menschen sind bislang gestorben. Während die meisten Erkrankungen zunächst in abgelegenen, ländlichen Gebieten auftraten, werden nun auch mehr Fälle von der Grenze mit Uganda und dem Südsudan gemeldet.

"Die Feststellung des Falls in Goma könnte möglicherweise ein Wendepunkt in der Epidemie sein", sagte der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus. Denn die Stadt an der Grenze zu Ruanda sei ein Tor zur Region und zur Welt. Von Goma führen Straßen, Fährverbindungen und Flüge in alle Richtungen. Deshalb befürchten Experten, die Epidemie könnte sich schneller und weiter ausbreiten.

Die WHO rief inzwischen einen internationalen Gesundheitsnotstand aus. Damit erkennt sie die Schwere der Krise und ermöglicht unter anderem einen schnelleren Einsatz von Finanzmitteln. Die Epidemie ist bereits der zehnte Ebola-Ausbruch im Kongo. Anders als in der Vergangenheit gelingt es jedoch bisher nicht, die Verbreitung des Virus unter Kontrolle zu bekommen. Laut WHO sind dafür die starken Wanderbewegungen der Menschen, schlechte Ausrüstung der Gesundheitszentren und vor allem Misstrauen in der Bevölkerung und die anhaltende Gewalt in der Region verantwortlich.

Angriffe verhindern ärztliche Hilfen

Verschiedene Milizen und Banden kämpfen im rohstoffreichen Ostkongo um Einfluss und Pfründe. Kranke wagen sich so oft nicht zum Arzt, Helfern wird der Zugang in Dörfer verwehrt. Anfang des Jahres musste die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" die Arbeit in mehreren Gebieten einstellen, weil es zu Angriffen auf Ebola-Behandlungszentren kam. Seit Januar registrierten die Behörden rund 200 Attacken auf Gesundheitseinrichtungen und medizinisches Personal.

Auch Skepsis und Widerstand in der Bevölkerung erschweren den Einsatz der Helfer und verhindern möglicherweise lebensrettende Impfungen. Viele misstrauen der Impfung. Manche meinen gar, Ebola sei eine Erfindung der Regierung, um sich Hilfsgelder zu sichern.

Dies führe zu einem großen Widerspruch, sagte Joanna Liu, internationale Präsidentin von "Ärzte ohne Grenzen": Auf der einen Seite stünden alle nötigen Mittel, wie zum Beispiel ein effektiver Impfstoff, zur Verfügung. "Auf der anderen Seite sterben die Menschen zuhause, weil sie den Ebola-Bekämpfungsstrategien misstrauen und nicht in die Behandlungszentren kommen."

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, ist dennoch zuversichtlich, dass es noch gelingt, die Epidemie in den Griff zu bekommen. "Wir haben sehr viel dazugelernt bei dem schweren Ausbruch in Westafrika", sagte Wieler. Zwischen 2013 und 2016 erkrankten dort mehr als 28.000 Menschen, von denen rund 11.300 starben. Die Reaktion der Behörden und der internationalen Gemeinschaft sei jetzt "schneller und überzeugter".

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