Bonn (epd). Wenn Erhard Eppler auf die Verabschiedung des Entwicklungshelfergesetzes am 18. Juni 1969 zurückblickt, dann tut er das mit Genugtuung. "Ja, es hat sich bewährt", bilanziert der 92-jährige SPD-Politiker, der damals Entwicklungsminister war. Das Gesetz habe den Rahmen gebildet, um den Entwicklungsdienst zu diskutieren und weiter zu entwickeln. Bis heute wurden mehr als 30.000 Fachkräfte von Deutschland aus in die Länder des Südens entsandt.
Viel Debatte zum Gesetz habe es im Bonner Plenarsaal an jenem Tag nicht gegeben, erinnert sich Eppler im Gespräch mit der Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste (AGdD), Gabi Waibel. "Für den Bundestag war das damals ehrlich gesagt eher ein nebensächliches Thema." Schon seit Anfang der 1960er Jahre waren deutsche Entwicklungshelfer in die armen Teile der Welt aufgebrochen. Mit dem Gesetz habe ihr Dienst endlich eine große Aufwertung erhalten, betont Eppler.
Armut überwinden, Frieden fördern
Eppler war von 1968 bis 1974 Entwicklungsminister. Die AGdD vertritt als Dachverband die Interessen aller sieben vom Ministerium anerkannten Träger des Entwicklungsdienstes, darunter die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) und Übersee-Dienste des Hilfswerks "Brot für die Welt". Die AGdD unterstütze die Fachkräfte auch bei der Rückkehr und helfe ihnen, auf dem deutschen Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, erläutert Waibel.
Derzeit arbeiten 1.129 Fachkräfte aus den unterschiedlichsten Berufen in 92 Ländern. Die Mehrheit ist zwischen 30 und 50 Jahre alt. Sie bringen laut Waibel ihre Erfahrung und ihr Wissen ein, um dazu beizutragen, Armut zu überwinden, politische Reformen voranzubringen oder Frieden zu fördern.
Laut dem Gesetz, das am Jahrestag in Bonn und im Juli in Berlin gefeiert wird, leisten die Fachkräfte ihren Dienst für einen begrenzten Zeitraum und ohne "Erwerbsabsicht", wie es in Paragraf 1.1 heißt. Dabei sollen sie Organisationen in den Ländern des Südens unterstützen, "um in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Fortschritt dieser Länder beizutragen".
Befreiung von der Wehrpflicht
Außerdem wurde den Entwicklungshelfern damit die Befreiung von der Wehrpflicht garantiert. "Das war ein wesentlicher Punkt, warum mir das Gesetz ein so wichtiges Anliegen war", erläutert Eppler. Gerade Ende der 60er Jahre wurde über die damalige gesetzliche Wehrpflicht für Männer ab 18 Jahren und über den Zivildienst als verbindlichen Ersatz heftig diskutiert.
Jedoch habe damals der Anspruch an die Entwicklungspolitik bestanden, vor allem das Bruttosozialprodukt der Entwicklungsländer zu steigern, also kurz gesagt: Wirtschaftswachstum zu generieren, erinnert sich Eppler. Er selbst habe aber vorrangig die Grundbedürfnisse der Menschen sicherstellen wollen: also Nahrung, Kleidung, Bildung, Behausung und die Versorgung mit elektrischem Strom. "Insofern hatte ich als Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit ein ganz anderes Bild von meinen Pflichten und entwicklungspolitischen Aufgaben, als das damals so üblich war."
"Prächtige Menschen"
Denn Entwicklungshelfer wurden im Bundestag auch mal als "linksrevolutionär Programmierte" kritisiert. Eppler selbst verteidigte sie dann als "friedliche Revolutionäre", die durch praktische Arbeit auf gewaltlose Weise politischen und gesellschaftlichen Fortschritt bewirkten.
Heute sieht Eppler diese Einschätzung bestätigt. Die bislang gut 30.000 Freiwilligen hätten der deutschen Gesellschaft mindestens ebenso viel geholfen wie den Gesellschaften des Globalen Südens. "Das sind prächtige Menschen, die da zurückkehren. Die haben etwas gelernt und verstanden, die schauen mit anderen Augen auf die Welt und eben auch auf ihr eigenes Land."
50 Jahre Entwicklungshelfergesetz
Die Erfahrung als Entwicklungshelfer in den frühen 70er-Jahren hat meine Lebensplanung komplett verändert. Darüber bin ich rückblickend sehr froh und dankbar und wünschte, dass sehr viel mehr junge Fachkräfte diese Erfahrung machen könnten. Leider ist die Zahl der Entsendungen mit der Integration der DED-Programme in die GIZ jedoch deutlich gesunken. In der heutigen Einen Welt mit den sich rasant zuspitzenden Folgen des Klimawandels, des Ressourcenverbrauchs und der extrem ungleichen Vermögensverteilung sind derartige Lernerfahrungen für junge Fachkräfte wichtiger denn je. Und zwar in jede Richtung: Nord-Süd, Süd-Nord, Süd-Süd.
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