Sie will den Handel mit Rohstoffen und Waren, die für die Zerstörung von Wäldern verantwortlich sind, reduzieren und so den Marktanteil der gleichen Produkte, die entwaldungsfrei hergestellt wurden, erhöhen. Das betrifft die Produkte Rindfleisch sowie Rinderleder, Palmöl, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk.
Was verlangt die Verordnung von den Unternehmen?
Jeder Importeur, der die genannten Produkte in die EU einführt, sowie große Händler, müssen belegen, dass ihre Waren ohne Entwaldung produziert wurden. Die Waren müssen zudem im Einklang mit den Gesetzen des Ursprungslandes hergestellt worden sein.
Aber wie kann ein Importeur belegen, dass sein Soja aus Brasilien ohne Entwaldung hergestellt wurde?
Er muss seine gesamte Lieferkette kennen und genau wissen, auf welchem Feld in Brasilien das Soja angebaut wurde. Er muss es also geolokalisieren können, wie es in der Fachsprache heißt. Das ist der große Fortschritt der EU-Verordnung: Die Importeure müssen mit Geokoordinaten nachweisen, woher ihr Fleisch, Soja oder Kakao kommt. Zudem müssen sie Risikoanalysen machen und gegebenenfalls Risiken mindern.
Wird die Verordnung messbar zum Schutz von Wäldern beitragen?
Ich gehe davon aus, dass sie einen sehr großen Unterschied machen wird. Die EU ist nach China weltweit die zweitgrößte Importeurin von Produkten, die für Entwaldung verantwortlich sind.
Hat die Verordnung Schwachstellen?
Ja. Sie definiert klar, was Wald ist, was also überhaupt schützenswert ist. Die Schwäche dieser Definition ist, dass sie bereits stark beanspruchte Ökosysteme wie Trockenwälder und Savannen nicht umfasst. Wir sehen aber heute schon, dass etwa die Sojaproduktion in Brasilien aus dem Amazonaswald auf die Savannen des Cerrado verlagert wird. Das wird die Verordnung nicht verhindern – es sei denn, der Cerrado wird in den Geltungsbereich einbezogen. Das soll in einer ersten Bilanz ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung geprüft werden. Eine weitere Schwäche ist, dass die Produkte im Einklang nur mit den jeweiligen nationalen Gesetzen der Ursprungsländer, nicht aber mit international gültigen Menschenrechten hergestellt sein müssen. In vielen Ländern werden aber indigene Gruppen, die im Wald leben, nicht ausreichend geschützt oder gar an Entscheidungen beteiligt.
Eine Gruppe von waldreichen Entwicklungs- und Schwellenländern hat sich bei der Welthandelsorganisation beschwert, die EU-Verordnung benachteilige sie. Sie seien außerdem nicht an der Ausarbeitung der Verordnung beteiligt worden. Was sagen Sie dazu?
Die Kritik ist teilweise berechtigt. Die Verordnung muss vor allem gewährleisten, dass etwa Kleinbäuerinnen und Kleinbauern keine Nachteile davon haben und sie dabei unterstützt werden, die Anforderungen zu erfüllen. Das ist auch vorgesehen, es ist aber noch nicht klar, wie das in der Praxis aussieht und in welchem Umfang. Eine genaue Untersuchung dazu soll erst in fünf Jahren stattfinden – für die betroffenen Gruppen viel zu spät.
Um etwa zu verhindern, dass kleine Kakaobauern in Westafrika, deren Pflanzen im Wald stehen, durch die Verordnung benachteiligt werden?
Zum Beispiel. Sie müssen auch technisch und finanziell darin unterstützt werden, die Geokoordinaten ihrer Anbaugebiete weiterzugeben. Und mehr noch: Es muss überlegt werden, wie sie diese und andere Daten zu ihrem Vorteil nutzen könnten, etwa um ihre Chancen auf Absatzmärkten zu verbessern. Das wäre fair und würde für die Kleinbauern langfristige Perspektiven schaffen.
Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.
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