Im Norden Kameruns fördert „Brot für die Welt“ seit 1997 die lokale Milchwirtschaft. Die Eigenversorgung mit Milch und die Erhöhung der Einkommen armer Familien durch den Verkauf von Kälbern und Milch sind zentrale Ziele des Programms. Bis zu 1300 Haushalte lieferten zeitweilig die Milch ihrer Kühe an die Molkerei der Firma Sotramilk in der Stadt Bamenda, wo die Milch zusammen mit Milchpulver zu Joghurt und Käse verarbeitet wurde. 2004 eröffnete in derselben Region eine andere Molkerei eine Filiale, die laut „Brot für die Welt“ und EED ausschließlich mit importiertem Milchpulver der subventionierten Märkte Europas und der USA produziert. Dieses Pulver werde so billig nach Kamerun verkauft, dass Betriebe, die lokal produzierte Milch verarbeiten, im Preiskampf unterliegen.
Sotramilk bekam wegen der Konkurrenz und dem zunehmenden Verkauf von Milchpulver im Einzelhandel Absatzschwierigkeiten. Deshalb drosselte auch Sotramilk den Anteil regionaler Milch an der Herstellung und produzierte zunehmend mit Milchpulver. Trotzdem musste die Molkerei den Betrieb im April 2009 einstellen. Nach dem gescheiterten Projekt mit Sotramilk werden die Bauern nun selbst in der Herstellung von Milchprodukten für den dörflichen Verkauf geschult. Henry Njakoi, Mitarbeiter des Projektpartners von „Brot für die Welt“ in Kamerun, bleibt aber skeptisch: „Wir ahnen, dass früher oder später selbst in entlegenen Dörfern das billige importierte Milchpulver ankommen wird.“
„Mit der Schließung von Sotramilk entgeht den Kleinbauern in der Region das sichere Einkommen für ihre Milch“, sagt Rudolf Buntzel vom EED. Die Stärkung lokaler Versorgungssysteme und Märkte werde verhindert: „An diesem Beispiel können wir klar nachweisen, wie die Handelspolitik der EU Entwicklungsprojekte konterkariert.“ Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner betone zwar, bei Exportsubventionen für die Landwirtschaft werde darauf geachtet, Märkten in Entwicklungsländern nicht zu schaden. Die Ministerin habe aber gar keinen Einfluss darauf, kritisiert Buntzel.
Dass es auch anders geht, zeigt laut „Brot für die Welt“ und EED das Beispiel Kenia. Dort schütze die Regierung den Markt vor Dumping-Milchprodukten aus dem Ausland und habe erreicht, dass die eigene Bevölkerung mit frischer Milch aus eigener Produktion und zu einem akzeptablen Preis versorgt werde. Die kleinbäuerliche Milchwirtschaft hat in dem ostafrikanischen Staat allerdings eine lange Tradition. In Kamerun dagegen produzieren vor allem die Viehhirten im Norden Milch, denen es laut Buntzel an politischer Rückendeckung aus der Hauptstadt im Süden des Landes fehlt. Kritiker in Kamerun monieren, die Regierung beuge sich dem Freihandel, den die EU und die Weltbank fordern, statt die Interessen der eigenen Milchproduzenten zu vertreten. (fe)