(17.5.2013) Schwache, sogenannte fragile Staaten gelten als eines der größten Probleme für die Entwicklungspolitik. Die wissenschaftlichen und politischen Debatten darüber haben, wie die Autoren eines neuen Diskussionspapiers aus dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) feststellen, zu zwei unstrittigen Schlüssen geführt: Erstens sind dauerhafte Entwicklungserfolge nicht zu erwarten, wo der Staat nicht in der Lage ist, für ein Minimum an Sicherheit und öffentlichen Diensten zu sorgen. Dies von außen zu fördern ist jedoch eine der schwierigsten Aufgaben der Entwicklungspolitik; hier ist, zweitens, ein in sich stimmiges und untereinander abgestimmtes Vorgehen der verschiedenen Geber besonders wichtig. Doch genau hier funktioniert es besonders schlecht, erklären die drei Autoren aus dem DIE.
Das ist an sich nicht überraschend. Dass Geber sich vor allem da besser abstimmen und am Partnerland orientieren, wo dessen Regierung das energisch verlangt, hat eine von ihnen beauftragte Evaluierung selbst festgestellt. Das Papier aus dem DIE geht jedoch einen Schritt weiter: Es analysiert die Ursachen für die großen Mängel der Hilfe in fragilen Staaten.
Den ersten finden sie in der akademischen Diskussion. Die sei teilweise zu abstrakt – etwa wenn hoch aggregierte Indizes für Fragilität konstruiert werden, die entscheidende Unterschiede zwischen einzelnen Fällen verdecken. So bewerten einige Kolumbien und Mosambik als ähnlich „fragil“, obwohl beide grundverschiedene politische Probleme haben: Kolumbien hat mit begrenzten bewaffneten Rebellionen zu tun, in Mosambik mangelt es an öffentlichen Diensten.
Die Hilfe ist ausgerechnet da besonders wenig abgestimmt, wo sie besonders gut abgestimmt sein müsste
Das zweite und wohl größte Problem ist das politische: Hilfe wird stets von außenpolitischen oder außenwirtschaftlichen Zielen beeinflusst, und das geschieht im Falle fragiler Staaten besonders stark. Denn es geht um Sicherheitsprobleme nicht nur für die Bevölkerung im fragilen Staat, sondern auch für die Geber, erklärt das Papier aus dem DIE. Sie fürchten etwa Terrorismus oder die Gefahr regionaler Kriege. Ihre mit Sicherheitsfragen befassten Stellen wie Militär, Polizei und Geheimdienste wirken an der Hilfe für fragile Staaten mit. Das erschwert ein kohärentes Vorgehen eines Gebers. Und die unterschiedlichen außenpolitischen Interessen und Strategien mehrerer Geber erschweren die Abstimmung untereinander. So sind sie zwar einig, dass man die Umstände des Einzelfalls betrachten muss, aber das tun sie – wenn überhaupt – jeder für sich; gemeinsame politische Lageanalysen sind die große Ausnahme.
Das dritte Problem ist laut dem Papier die Vielzahl der gerade in fragilen Staaten tätigen Hilfsagenturen – staatlicher wie nichtstaatlicher. Es ist laut dem Papier also kein Zufall, dass Hilfe gerade da besonders wenig abgestimmt ist, wo sie besonders gut abgestimmt sein müsste. Das hat strukturelle, schwer zu ändernde Gründe. Der Ausblick ist deshalb eher pessimistisch. Die Autoren erwarten Fortschritte von mehr empirischer Forschung über die Wirkung des Engagements in fragilen Staaten. Sie hoffen, dass der Einfluss der Sicherheitspolitik hier gelegentlich Kompromisse erzwingt. Und sie bemerken, dass eine gewisse Vielfalt der Ansätze sogar nützlich sein dürfte. (bl)
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