Die Beats einer neuen Generation

Yasmine El Rashidi: Laughter in the Dark. Egypt to the Tune of Change. Columbia Global Reports, New York 2023, 112 Seiten, ca. 15 Euro

Anhand der populären Musikrichtung Mahraganat analysiert die ägyptische Autorin Yasmine El Rashidi die prekäre Situation junger Ägypter. Ein kurzes, informatives Buch, das einen tiefen Eindruck hinterlässt.

Mahraganat bedeutet „Festival“ im ägyptischen Arabisch. Es ist der Name einer unter jungen Ägyptern beliebten Musikrichtung. Es ist die ägyptische Form des Musikgenres Rap oder Trap, das Sprechgesänge und elektronische Beats miteinander verbindet. In ihren Texten erzählen die Künstler häufig von den prekären Situationen, in denen sie leben. Und sprechen damit über die Probleme einer ganzen Generation. Über die Hälfte der ägyptischen Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre. Die meisten von ihnen sind arbeitslos und arm, berichtet die ägyptische Autorin Yasmine El Rashidi in ihrem Buch. Die restriktive Politik des Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi befeuere diese Probleme. Weil die Mahraganat-Künstler diese Probleme thematisieren, feiern sie große Erfolge. Denn diese Offenheit ist im konservativen politischen und kulturellen Klima Ägyptens selten. 

El Rashidi führt ihre Leser durch die Straßen von Kairo und Alexandria und zeigt ihnen die Anfänge des Genres Mahgranat. Diese hängen eng mit der ägyptischen Revolution und den Nächten auf dem Tahrir-Platz zusammen. Dort wurden die ersten Rapsongs populär. Gleichzeitig waren die meisten heute erfolgreichen Rapper zur Zeit der Revolution 2013 Teenager. Sie sind in einem Klima der Veränderung aufgewachsen und gehören zu einer neuen Generation, die kritisch über die Gesellschaft nachdenkt – und das öffentlich. Das war vor der Revolution undenkbar, so El Rashidi. Die Künstler brechen in ihren Texten auch mit gesellschaftlichen und religiösen Normen. Die Rapper thematisieren nämlich nicht nur die politische Situation im Land, sondern sprechen auch offen über Alkohol- und Drogenkonsum und sexuelle Beziehungen mit Frauen. 

Das nationale Syndikat hat jetzt weniger Einfluss 

Die Popularität des Genres lässt sich auch von der repressiven Regierung nicht rückgängig machen, meint El Rashidi. Lange Zeit hatte das nationale Syndikat großen Einfluss auf die Erfolge der Künstler. Das Syndikat ist ein Gremium, das „unmoralische“ Inhalte zensiert. Die Künstler werden zwar nicht strafrechtlich verfolgt, trotzdem litt ihre Karriere, wenn ihre CDs nicht verkauft werden und sie keine Konzerte spielen konnten. Jetzt, da Künstler ihre Musik auf internationalen Plattformen wie YouTube oder Spotify veröffentlichen, habe das Syndikat weniger Einfluss. Denn die dort veröffentlichten Inhalte könne das Syndikat nicht einfach sperren. Und selbst Künstler, die in Ägypten nicht live auftreten können, finden Fans auf ihren sozialen Plattformen.

Die Autorin nutzt in ihrem Buch die Geschichte des Musikgenres, um den politischen und kulturellen Wandel in Ägypten erlebbar zu machen. Durch ihre bildhafte Sprache liest sich das Buch fast wie ein Dokumentarfilm: Nächtliche revolutionäre Zusammenkünfte am Tahrir-Platz werden ebenso lebendig wie junge durchgestylte Männer, die sich für ein Konzert auf den Straßen versammeln. El Rashidi findet dabei ein gutes Gleichgewicht zwischen Beschreibungen und wissenschaftlichen Analysen.

Sie erzählt die Geschichten einzelner Rapper und spickt sie mit Anekdoten von Freunden, Social-Media-Beiträgen und Ausschnitten aus den Raptexten. Diese Geschehnisse ordnet sie dann in das politische Panorama ein. Die Kapitel sind kurz und folgen einfachen Überthemen. So liest sich das Büchlein trotz der vielen Informationen leicht. „Laughter in the Dark“ ist für Menschen geeignet, die sich für die Situation in Ägypten interessieren, denen klassische politikwissenschaftliche Sachbücher aber zu trocken sind. Gleichzeitig werden auch Menschen, die sich gut mit der ägyptischen Politik auskennen, Neues über die Jugend und Kultur des Landes lernen. Am Ende der Lektüre kennt man sich nicht nur besser mit der Geschichte und Politik des Landes aus – es fühlt sich an, als hätte man tatsächlich Zeit im Land und mit den Menschen dort verbracht.

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