Die Dezember-Ausgabe der „Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt“ widmet sich den Themen Klima und Energie. Im Mittelpunkt der Debatte stehen „grüne Wachstumsstrategien“. Deren Ziel ist es, die ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit miteinander zu versöhnen, ohne die Gesellschaftsordnung grundlegend zu verändern.
Die Beiträge machen deutlich, wie schwierig es ist, die Minderung der Emission von Treibhausgasen politisch voranzutreiben. Viele Anpassungsstrategien gelten dem Anstieg des Meeresspiegels, der durch die Erderwärmung verursacht wird. Michael Spies zeigt am Beispiel der indonesischen Hauptstadt Jakarta, dass vor allem auf technische Maßnahmen wie Dämme oder Deiche gesetzt wird. Entgegen diesen eindimensionalen und entpolitisierten Konzepten plädiert er für eine gemeindebasierte Anpassung, die sich an den Prioritäten der Bevölkerung orientiert.
Rosa Lehmann beschäftigt sich mit Konflikten infolge der Errichtung von Windparks in der mexikanischen Provinz Oaxaca. Sie hängen unter anderem mit der wachsenden Beteiligung privater, vor allem auch internationaler Firmen an der Nutzung von Fördermitteln für den Klimaschutz sowie dem Aufbau der Netze zusammen. Lehmann kritisiert, dass Anwohner und lokale Firmen zu wenig an den Entscheidungen über die Projekte beteiligt und die sozioökonomischen Folgen vernachlässigt würden.
Alexander Brand und Wolfgang Muno befassen sich mit der Klimapolitik in Gesellschaften, die, wie Venezuela, vom Rohstoffexport abhängen. Die Einkünfte aus dem Ölsektor dienten unter Hugo Chávez dazu, die soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Doch während in Ecuador und Bolivien auch darüber diskutiert wird, auf die Förderung von Rohstoffen zu verzichten, bleibt die venezolanische Regierung der Idee des „Sembrar el Petróleo“ (Das Öl aussäen) verhaftet. Das Ausbleiben einer Klimawende wird hingenommen. In einen weiteren Beitrag reflektiert Ingolf Diener die zwiespältigen Erfahrungen mit Strategien der Umweltschonung durch den Verzicht auf die Ausbeutung von Ressourcen in Nationalparks in Ecuador (Yasuní) und der Demokratischen Republik Kongo (Virunga).
Jonas Hein beleuchtet kritisch die Strategien zur Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und der Schädigung von Wäldern, die seit 2005 im Kontext der Klimarahmenkonvention entwickelt wurden (REDD). Abgesehen von Bedenken hinsichtlich der klimapolitischen Effektivität thematisiert er vor allem die Einschränkung des gewohnheitsrechtlichen Landzugangs indigener Gruppen sowie Fragen der lokalen Nahrungsmittelproduktion.
Man mag den Aussagen einzelner Beiträge zustimmen oder nicht – insgesamt ist das Heft eine Bereicherung und eine anregende Lektüre. Es hilft, eigene Argumente und Standpunkte zu hinterfragen.
Dieter Hampel
Neuen Kommentar hinzufügen