Sammelband über Menschenrechte: Weitschweifig und abgehoben

Bill Derman, Anne Hellum, Kristin Bergtora Sandvik (Hg.)
Worlds of Human Rights.
The Ambiguities of Rights Claiming in Africa
Brill, Leiden und Boston 2013, 338 Seiten, 46 Euro

Der Sammelband wirft viele Fragen über die praktische Anwendung von Menschenrechten in juristischen Auseinandersetzungen auf, liefert aber wenig Antworten. Das ist nur stellenweise interessant – und oft langatmig.

Dieser Sammelband stellt eine hoch interessante Frage: Wie beziehen Menschen in Afrika sich bei Streitigkeiten auf Menschenrechte und benutzen sie in Auseinandersetzungen über die Regeln des Zusammenlebens? Zu den Menschenrechten gehört zum Beispiel, dass gleiche Rechte für Frauen und Männer oder der Zugang aller zu Nahrung gewährleistet werden müssen. Die Rechtspraxis und die Gepflogenheiten sehen vielerorts ganz anders aus und ändern sich nicht einfach dadurch, dass Juristen universelle Rechte festschreiben. Erst wenn Menschen solche Rechte in ihren Auseinandersetzungen aufgreifen und für sich mit Bedeutung füllen, werden sie wirksam – allerdings nicht immer im Sinne des Erfinders. Dies verspricht das Buch an ethnologischen Fallstudien aus verschiedenen afrikanischen Ländern zu untersuchen.

Leider erfüllt es sein Versprechen nur an wenigen Stellen. Etwa da, wo außergerichtliche Schlichtungen verfolgt werden, in denen Anwältinnen in Tansania Familienstreitigkeiten beilegen: Sie greifen kreativ auf passende Bestandteile der internationalen Frauenrechte zurück. Der größte Teil des Buches jedoch erschöpft den Leser mit langatmigen Erörterungen etwa über Landrechte und die Stellung der Frauen beim Landbesitz.

Man erfährt, dass Landrechte in Afrika sehr vielschichtig sind und der Streit darüber von Veränderungen im politischen und wirtschaftlichen Umfeld, zum Beispiel der steigenden Nachfrage nach Land, beeinflusst wird. Erklärt wird auch, warum es schädlich ist, zu rein privatem Landbesitz überzugehen. Immer wieder betonen die Autorinnen und Autoren, dass die Berufung auf einzelne Rechte je nach Kontext ganz verschiedenes bedeuten kann.

Das ist stellenweise interessant, aber unnötig weitschweifig und redundant. Und es sagt wenig darüber, ob und wie Afrikanerinnen und Afrikaner Menschenrechte aufgreifen und nutzen. Stattdessen wird ständig aufs Neue erläutert, dass alles komplex ist und welche Kurzschlüsse man meiden muss. Passagen, die konkrete Fälle schildern und vorführen, wie man sie sinnvoll deuten kann, muss man suchen.

Es ist, als kämen die Autorinnen und Autoren vor lauter Eifer, die Methode theoretisch zu begründen, gar nicht dazu, sie auch anzuwenden. Sie formulieren ständig, welches die richtigen Fragen sind, bieten aber kaum Antworten.

Bernd Ludermann


 

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