Frankfurt a.M. - Die Debatte um die Aufnahme gefährdeter Afghaninnen und Afghanen in Deutschland geht weiter. Das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte begrüßte die Charterflüge nach Deutschland, die Union und SPD nach der Bildung der neuen Bundesregierung beenden wollen. Aus den Reihen der Grünen wird die Position von CDU und CSU zum Stopp der Aufnahme scharf kritisiert.
„Erneut schießt man aus der Union aus allen Rohren gegen die Aufnahme von Menschen, die vor der Terrorherrschaft der Taliban geflüchtet sind“, sagte der Grünen-Bundestagsfraktionsvize Konstantin von Notz dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag). Das sei nicht nur menschlich zutiefst schäbig, sondern erschüttere auch das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat und die von ihm gemachten Zusagen.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Andreas Audretsch sagte dem Fernsehsender phoenix, 20 Jahre lang seien deutsche Soldaten in Afghanistan von Ortskräften unterstützt worden: „Wir haben ihnen zugesagt, dass sie hier vor den brutalen Taliban Schutz finden können.“ Das jetzt zu verweigern, sei so „ungefähr das Unchristlichste“, was er in den vergangenen Jahren erlebt habe.
Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 nimmt Deutschland gefährdete Personen aus dem Land auf, die über in Pakistan organisierte Charterflüge einreisen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich derzeit noch rund 2.600 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan, die eine rechtlich verbindliche Aufnahmezusage haben und auf ihre Ausreise warten.
Aufgenommen wurden seit der Taliban-Eroberung des Landes Ortskräfte, also ehemalige lokale Mitarbeitende der Bundeswehr, von Ministerien und deutschen Organisationen wie dem Goethe-Institut und der Deutschen Welle. Zusagen erhielten zudem Menschen, die sich in den Bereichen Justiz, Politik, Medien, Kultur, Bildung, Sport oder Wissenschaft engagiert haben oder wegen ihres Einsatzes für Demokratie und Freiheitsrechte Verfolgung durch die Taliban befürchten müssen.
Dass die Flüge vor dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung derzeit in großer Zahl erfolgen, begründete Audretsch mit den umfangreichen Überprüfungen der deutschen Behörden. „Das waren schwierige Jahre der Umsetzung, weil eben die Sicherheitsüberprüfungen so intensiv vorgenommen wurden. Jetzt ist man so weit, dass es sicherheitspolitisch keine Bedenken gibt“, sagte der Grünen-Politiker.
Das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte erläuterte, die Sicherheitsüberprüfungen fänden mittlerweile auf einem extrem hohen Niveau statt. „Da habe ich deutlich weniger Angst als bei Menschen aus Afghanistan, die auf unkontrollierten Fluchtwegen nach Deutschland kommen“, sagte der Projektbeauftragte des Patenschaftsnetzwerks, Markus Kurczyk, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag). Das Netzwerk Ortskräfte kümmert sich um Afghaninnen und Afghanen, die für deutsche Institutionen, Behörden und Unternehmen in dem Land gearbeitet haben.