Berlin - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) sieht in Deutschland beim Kampf gegen die Bestechlichkeit im öffentlichen Sektor dringenden Handlungsbedarf. Laut dem von Transparency am Dienstag in Berlin veröffentlichten neuen Korruptionswahrnehmungsindex 2024 verliert Deutschland gegenüber dem Vorjahr auf der Skala von null - für ein hohes Maß an Korruption - bis 100 - keine wahrgenommene Korruption - drei Punkte und landet mit 75 Punkten auf Rang 15, sechs Positionen schlechter als vor einem Jahr.
Wie im Vorjahr ist Dänemark mit 90 Punkten Spitzenreiter und das Land mit der am wenigsten wahrgenommenen Korruption, gefolgt von Finnland, Singapur, Neuseeland, Luxemburg und Norwegen. Auf dem letzten Platz liegt weiterhin Südsudan (acht Punkte), davor Somalia und Venezuela.
Insgesamt erreichen mehr als zwei Drittel der 180 Länder nur weniger als 50 Punkte. Mehr als ein Viertel der Länder sackte auf ihre bislang jeweils niedrigste Punktzahl auf dem Index ab. Dazu gehören neben Deutschland auch Österreich, Belgien, Frankreich und Kanada.
Reform der Parteienfinanzierung gefordert
Die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog, sprach von einem besorgniserregenden Trend in Deutschland. Nötig sind aus ihrer Sicht unter anderem ein modernes Bundestransparenzgesetz. Dies helfe bei der Korruptionsvorbeugung, fördere Bürgerbeteiligung und erhöhe die Effizienz von Verwaltungsprozessen.
Zudem brauche es eine Reform der Parteienfinanzierung. Ein fairer Parteienwettbewerb sei elementar für eine funktionierende Demokratie. Deutschland liege deutlich hinter Regeln anderer westlicher Demokratien zurück: "Zweifelhafte Wege der Parteienfinanzierung mit unklarer externer Unterstützung, etwa bei der AfD oder auch beim BSW, nehmen derzeit eklatant zu", sagte Herzog.
Fortschritte erzielte Deutschland laut Transparency mit dem seit März 2024 reformierten Lobbyregistergesetz. Allerdings fehle noch ein echter "Lobby-Fußabdruck", der für mehr Transparenz im Gesetzgebungsverfahren sorge. Er soll offenlegen, an welcher Stelle Forderungen von Lobbyisten berücksichtigt wurden.
Die von Transparency International entwickelte Rangliste bewertet die in Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Der sogenannte Meta-Index fasst 13 Einzelindizes zusammen und beruht auf Einschätzungen von Experten und Führungskräften. Dabei geht es ausschließlich um den öffentlichen Sektor. Steuerbetrug oder Geldwäsche im privaten Sektor werden nicht bewertet. Herzog betonte am Beispiel Ungarns auch den Zusammenhang zwischen schwachen rechtsstaatlichen Strukturen und einem hohen Korruptionsniveau.
Transparency beklagt fossile Lobby
Die Vize-Vorsitzende von Transparency Deutschland, Margarete Bause, verwies zudem auf den Zusammenhang von Korruption und Klimakrise. Demnach sind Korruption und Interessenkonflikte die zentralen Probleme bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Unternehmen mit fossilen Geschäftsmodellen - etwa Öl- oder Gaskonzerne - würden klimapolitische Maßnahmen aktiv behindern.
Auch in Deutschland sei der Einfluss der fossilen Lobby auf die Politik stark. Dies habe sich etwa bei der Durchsetzung der Nord-Stream-Pipeline und beim Einsatz für den Verbrennermotor für die deutsche Automobilindustrie gezeigt.